Trockenmauerbau – ein uraltes Handwerk lebt weiter

Ende September haben die Biologische Station SIAS und die Naturverwaltung zu einem 2-tägigen Trockenmauerworkshop in Grevenmacher eingeladen. Ebenfalls vor Ort war einer der führenden Trockenmauerbau-Experten Europas: Martin Lutz aus dem schweizerischen Kanton Wallis. Da der Trockenmauerbau kein eigenes Handwerk ist und sich andere Baustoffe in den Vordergrund gedrängt haben, droht das alte bautechnische Wissen verloren zu gehen. Durch Menschen wie Martin Lutz wird die Tradition des Trockenmauerbaus wieder gepflegt: „Mein Anspruch ist, dass dieses Handwerk nicht verloren geht. Denn das Handwerk des Trockenmauerbaus ist uralt und wurde schon vor 5000 Jahren angewendet – dies mit den gleichen Regeln wie heute. Trockenmauern können zudem Tausende von Jahren halten, in Finistère am Atlantik steht ein trockengemauerter Grabhügel, der 3000 vor Christus erbaut wurde.“


Verschwinden der Trockenmauern

Trockenmauern sind rar geworden. Von Menschen geschaffen, sind sie auch wieder dem Menschen zum Opfer gefallen. Abgelöst wurden sie von Betonwänden und von festgemauerten Einfriedungen - und mit den Mauern sind auch ihre Bewohner verschwunden. Gibt es sie noch, dann sind die Bauwerke häufig dem Zerfall überlassen und bald ist nur noch wenig von ihnen übrig. Neben dem Erhalt und der Pflege bestehender Mauern wäre es deshalb wichtig, die Trockenmauer wieder als ein belebendes Element in unsere Gärten einzubringen.


Wertvolles Landschaftselement

Trockenmauern prägen die Landschaft in Luxemburg, dies besonders in den Weinbergen in der Moselregion. Trockenmauern wurden an steilen Hängen errichtet, wo sie kleine Terrassen stützen, auf denen der Mensch seit alters her Wein anbaut. Sie dienen hier ebenfalls zum Schutz vor Erosion. Das heißt, sie verhindern, dass bei starken Regenfällen die Erde den Hang hinuntergespült wird. Der Regen versickert langsam hinter den Steinen und wird von den Wurzeln der dazwischen wachsenden Pflanzen aufgenommen.

So haben sich die Mauern im Laufe der Jahrhunderte zu interessanten Lebensräumen aus Menschenhand entwickelt. In naturnahen Gärten, in Weinbergen oder als Hangstützen auf Ackerterassen - immer noch leisten ungefugte Mauern aus Natursteinen aufgeschichtet dem Menschen wichtige Dienste.


Idealer Lebensraum für wärmeliebende Tiere

Trockenmauern sind aus ökologischer Sicht sehr wertvoll, da sich eine spezialisierte Flora und Fauna an die Mauern angepasst hat. Die Trockenmauern werden genutzt als Nistplätze, zur Übernachtung, als Fluchtwege oder Jagdreviere. Trockenmauern sind exzellente Wärmespeicher. Tagsüber können sie sich durch die direkte Sonneneinstrahlung sehr stark erhitzen. Die Wärme wird in den Steinen gespeichert – wie in einem Kachelofen. In der Nacht, wenn die Sonne nicht mehr scheint, geben die Steinmauern die Wärme an ihre Umgebung ab.

Richtig interessant wird es, wenn man sich Zeit nimmt und Ausschau nach den tierischen Untermietern hält: Im Obergeschoss, wo Wind und Wetter eine größere Lücke geschaffen haben, können Vögel nisten, ein Stockwerk tiefer - reger Flugverkehr zeugt davon - haben in einem Hohlraum Solitärwespen und Wildbienen ihr Domizil. In den schmalen Ritzen und Fugen warten Wolfsspinnen darauf, dass es dunkel wird und sie auf die Jagd nach nachtaktiven Insekten gehen können, wie dies auch für Erd- und Wechselkröten gilt - besonders gerne verspeisen diese die Schnecken in der Nachbarschaft. Gut zu beobachten sind die Zauneidechsen. Gerade für sie, die selten geworden sind, stellen Trockenmauern wichtige Überlebensräume dar.


Kleiner ökologischer Fußabdruck

Laut Martin Lutz ist das Trockenmauern ein Handwerk, was mit sehr wenig Fremdenergie auskommt: Benutzt werden Steine und etwas Werkzeug aus Eisen. Der Rest ist Handarbeit und menschliche Energie. Martin Lutz und Kollegen haben untersucht, wie viel Liter Erdöl verbraucht werden für einen Kubikmeter Trockenmauer - dies im Vergleich zu einem Kubikmeter Eisenbeton. Demnach wird für Trockenmauern etwa 10 bis 12 Liter Erdöl gebraucht. Deutlich mehr wird für Eisenbeton verbraucht, nämlich 140 Liter Erdöl. Unterm Strich verbraucht eine Kubikmeter Trockenmauer nur rund ein Zehntel der Energie, die Eisenbeton verbraucht. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Steine oft aus der Umgebung kommen. Dabei werden vor allem Steine aus Abbruchhäusern verwendet. Die Steine werden also sozusagen recycelt. In Luxemburg haben sich viele Naturschutzorganisationen und Naturparks auf Trockenmauern spezialisiert, so auch die Biologische Station SIAS.

Bei Fragen zu Trockenmauern können Sie sich bei der Biologischen Station SIAS melden, um eine Beratung und Tipps zu bekommen.