JAUDES, JAUDES, SPACKELDUER an Karfreitag

‘JAUDES, JAUDES, SPACKELDUER’ an Karfreitag


“Es muss feste Bräuche geben” erklärt der Fuchs dem kleinen Prinzen, als dieser sich unbeholfen anstellt um den Fuchs zu zähmen. Als der kleine Prinz fragt: “Was sind feste Bräuche?”, antwortet der Fuchs: “ Es ist das, was den einen Tag von dem anderen Tag unterscheidet. Sonst wären die Tage alle gleich.”


Es gibt nicht viele Orte in Luxemburg in denen sich die alten Gebräuche mit solcher Hartnäckigkeit und Vitalität behauptet haben wie in Vianden und es gibt nicht viele Orte in denen sie mit solcher Begeisterung gepflegt werden.


Vor allem zwei urwüchsige Gebräuche haben sich über die Jahrhunderte hinweg erhalten: der ‘Miertchen zum Martinsfest’ und der ‘Jaudes an Karfreitag’.


Was den ‘Jaudes’ anbelangt, versammeln sich die Kinder an Karfreitag gegen 12 Uhr mit einem, mit Papierblumen geschmückten Jaudesstrauch an ihrem Versammlungsort, zum ‘Lauden vuan der Mëttesklok’.

‘Jaudes’ steht für Judas. Der Jaudes, als Strauch versinnbildlicht den Baum, an dem Judas sich erhenkt hat. Und der Judas als Brauch ist ein Relikt der mittelalterlichen Judasverhöhnung. In früheren Zeiten wurde der Jaudes verbrannt und damit symbolisch dem Feuer der Hölle überantwortet. (P. Bassing).


Da dieser ‘Jaudes-Umzug’ in den letzten Jahren, vor allem in der ‘Gaass’, ein bisschen vernachlässigt wurde, war es eine willkommene Abwechslung für die ukrainischen Kinder und ihre Familienangehörigen, die in der Viandener Jugendherberge untergebracht sind, diese Rolle an Karfreitag zu übernehmen.


Bereits einige Tage vorher wurden, im Rahmen der Luxemburg- und Französischkurse, die Klibberlieder im Viandener Dialekt mit den Kindern einstudiert. Viel Spaβ bereitete vor dem Umzug die Dekoration mit Papierblumen des Dornenstrauβes, ein Schliewenduer in voller Blüte.

Mit diesem, in den ukrainischen gelb/blauen Farben dekorierten Dornenstrauch, zogen die ukrainischen Kinder an Karfreitag zur Mittagszeit mit ausgiebigem Geklibber und dem sich immer wieder wiederholenden Spruch: ‘Jaudes, Jaudes, Spackelduer, iwermuer ass Usterdag’ vom Fuβ des Schlosses hinunter zur Ourbrücke.


Dass der Einsatz der ukrainischen Kinder von den lokalenEinwohnern begrüβt wurde und ihr Ersatz für die ‘abwesenden’ Glocken belohnt wurde, bewies der vollgefüllte Wagen mit Eiern und Süssigkeiten sowie die gut gefüllte Spendenkasse am Ostersonntag, als die Kinder von Haus zu Haus zogen mit dem Lied: “Dir Leit, gëtt is di Äer erous, di rutt, di wéiss an die blo, Alleluja, Alleluja, di rutt, di wéiss an di blo.”


Wenn auch nicht alle Traumata gelöst werden können und man nicht aus den Augen verlieren darf, dass man es mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, die den Krieg aus erster Hand erlebt haben, so dienen diese Aktionen und Solidaritätsbekenntnisse jedoch dazu eine kleine Linderung und Abwechslung im Alltag zu sein.


Gaby Heger