Carola, Krankenschwester im Pilotprojekt

Carola: „Eine würdevolle Umgebung schaffen“

Vor knapp einem Jahr hat Elisabeth beschlossen, einen Schritt weiterzugehen in der Begleitung von Menschen in Luxemburg: Im Haaptmann’s Schlass in Berbourg wurde ein Pilotprojekt gestartet, das älter werdenden Menschen in prekären Lebenssituationen Aufnahme und Unterstützung bietet. Dieses Projekt entstand aus einem dringenden Bedarf: einen sicheren Lebensrahmen schaffen für Menschen, die oft einen großen Teil ihres Lebens auf der Straße oder in armen Verhältnissen verbracht haben. Von den insgesamt 153 Betten in der Einrichtung sind 22 für diese Menschen reserviert. Die offizielle Einweihung des Pilotprojektes fand am 23. September 2024 statt.

Ein großes Thema war die Rekrutierung von geeignetem Personal. Carola Pop, Krankenschwester mit langjähriger Erfahrung in der psychiatrischen Pflege in Deutschland, war sofort interessiert. Sie erfuhr von dem Projekt über eine Kollegin, die bereits im Haaptmann’s Schlass arbeitete. „Ich habe mich sofort beworben. Die Möglichkeit, etwas Neues aufzubauen und mitzugestalten, hat mich sehr gereizt“, erzählt sie.

Was ist anders in diesem Projekt?

Carola: Alles ist viel flexibler – zum Beispiel bei der Körperpflege. Wenn sich Bewohner drei Tage nicht waschen möchten, dann akzeptieren wir das. Wir bewerten diese Menschen nicht, sondern begleiten sie und unterstützen sie auch in Suchtsituationen. Es geht darum, ihnen eine würdevolle Umgebung zu schaffen. Teamarbeit sowie die Arbeit in einem multidisziplinären Team spielen eine sehr wichtige Rolle.

Und was bedeutet das konkret für Deinen Arbeitsalltag?

Carola: Kein Tag ist wie der andere. Im Gegensatz zu meinen Kolleginnen akzeptiere ich schon mal ein Bier zum Frühstück oder es kommt auch vor, dass Alkoholrationen ausgeteilt werden. Ich muss mich ständig auf unterschiedliche Launen einstellen und flexibel bleiben. Sehr wichtig ist der Dialog mit den Bewohnern – dafür kann ich mir im Rahmen meiner Arbeit die nötige Zeit nehmen.

Was sind die größten Herausforderungen?

Carola: Trotz aller Flexibilität brauchen wir einen roten Faden. Bei der Medikamentengabe und regelmäßige Mahlzeiten machen wir keine Kompromisse. Zudem sind manche dieser Menschen jünger als unsere sonstigen Bewohner – das ist herausfordernd. Auch das Zusammenleben mit den anderen Bewohnern war zumindest am Anfang nicht leicht. Wegen der psychiatrischen Erkrankungen und Suchtprobleme kann die Stimmung rasch kippen – darauf muss man vorbereitet sein.

Gibt es eine besondere Anekdote von Deinem Arbeitsalltag?

Carola: Einer unserer eher zurückgezogenen Bewohner, der nur Französisch und Russisch spricht, ist eines Tages auf mich zugekommen und hat mich aufgefordert, mit ihm „Vier gewinnt“ zu spielen. Plötzlich ist er richtig aufgetaut und hat sich diebisch gefreut, als er gegen mich gewonnen hat. Wir haben beide herzlich gelacht – das war für mich ein besonders schöner Moment, den ich nicht vergessen werde.