„Goodyear Wire Plant“ wird verkauft

Nachdem Goodyear bereits 2006 seine weltweiten Aktivitäten zur Herstellung von Reifengarn an die Hyosung Corporation verkauft hat, folgt nun auch das Stahlkordgeschäft. Wie der US-Reifenhersteller dazu meldet, sollen die Fabriken in Colmar-Berg und in Asheboro (North Carolina/USA) für rund 50 Millionen Dollar an den koreanischen Reifenkordspezialisten gehen.

Seit anderthalb Jahren kochte die Gerüchteküche, nun steht die Entscheidung fest: Am Donnerstag wurde die Belegschaft der Goodyear Wire Plant darüber informiert, dass das Werk in die Hände der südkoreanischen Hyosung Corporation übergeht, und dies voraussichtlich im dritten Quartal 2011. Dieser Plan betrifft 296 Beschäftigte des Bissener Werks. LW-Informationen zufolge waren bei den Verkaufsverhandlungen vier potenzielle Käufer im Gespräch, darunter auch das belgische Unternehmen „Bekaert“. Nun hat Hyosung das Rennen gemacht.

Alle Beschäftigten werden im Rahmen eines „transfer d'entreprise“ übernommen. Lohnverluste oder Entlassungen sind ausgeschlossen. Der Kollektivvertrag mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bleibt in seiner aktuellen Form anwendbar. Auch die Personaldelegation, in der der LCGB mehrheitlich vertreten ist, wird in ihrer aktuellen Form übernommen.

In einer Mitteilung äußert sich die Gewerkschaft zufrieden mit der gefundenen Lösung, meldet aber auch Bedenken ab.

Einige Fragen bleiben offen, heißt es. Wie sieht es mit Beschäftigungsgarantien aus? Sind dringend erforderliche Investitionen, welche die Zukunft des Standorts absichern, vorgesehen, fragt die Gewerkschaft. Zudem will sie wissen, ob die Verträge zwischen Goodyear und Hyosung Mindestmengen für das Luxemburger Werk vorsehen.

Erst im Herbst, wenn der Verkauf tatsächlich über die Bühne geht, soll auch diese wichtige Frage der künftigen Zusammenarbeit zwischen beiden Partnern, von der ein Teil der Auftragssicherheit der „Wire Plant“ abhängt, geregelt werden. In einem Kommunikee von Goodyear heißt es, der Reifenhersteller und Hyosung beabsichtigen, bei Vertragsabschluss einen mehrjährigen Belieferungsvertrag zu unterschreiben.

Die „Goodyear Wire Plant“ auf dem Roost bei Bissen ist seit 1971 in Betrieb. Das Werk produziert etwa 70 Tonnen Drahtgeflecht pro Tag, das als Verstärkungsmaterial in Reifen dient. Beliefert werden alle Goodyear-Fabriken in Europa.

Nicht nur in Luxemburg, sondern weltweit trennt sich Goodyear von seiner Produktion im Drahtkabelbereich. Außer in Luxemburg hat der US-Konzern ein weiteres Werk in Asheboro/North Carolina, das ebenfalls etwa 300 Mitarbeiter zählt. In einer Mitteilung des Reifenkonzerns heißt es, die Veräußerung werde zu Einsparungen und zur Verbesserung der Liquidität führen. Mit dem Verkauf will sich Goodyear weiter auf sein Kerngeschäft konzentrieren.

Partnerschaft mit Hyosung seit 2006

Die Partnerschaft mit Hyosung ist dabei nicht neu. Bereits Ende 2006 hatte Goodyear mit der „Fabric Plant“ in Colmar-Berg, welche Textilfasern für die Reifenproduktion anfertigt, einen Teil ihrer Unternehmenstätigkeit an die koreanische Gesellschaft veräußert.

Hyosung, ein südkoreanischer Mischkonzern, der im Jahr 1957 gegründet wurde, produziert seit 1968 Reifenverstärkungsmaterialien mit Werken in Südkorea, Brasilien, China, Luxemburg, Vietnam und den USA. Die zahlreichen Tochterunternehmen von Hyosung sind auf verschiedenen Gebieten tätig, unter anderem chemische Industrie, Maschinenbau, Computertechnologie, IT, Handel und Konstruktion. Die Gruppe zählt etwa 7 000 Mitarbeiter.

Goodyear-Werke wieder mit voller Auslastung

Mit der Veräußerung sinkt die Zahl der Beschäftigten bei Goodyear in Colmar-Berg von 3 300 auf 3 000. Damit gehört der Reifenhersteller noch immer mit Abstand zu den größten privaten Arbeitgebern in Luxemburg.

Die Wirtschaftskrise und die Absatzflaute am Automobilmarkt hatten 2009 dem Luxemburger Standort schwer zugesetzt. Kurzarbeit und ein Einstellungsstopp waren die Folge. Die Krise scheint jetzt überwunden. „Wir arbeiten wieder an sieben Tagen in der Woche“, erklärte Goodyear-Pressesprecher Jean-Paul Brück auf Anfrage. Im vergangenen Jahr wurden 200 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. „Wir haben das hohe Niveau, auf dem wir vor der Krise produzierten, noch nicht ganz, aber fast erreicht“, sagte Brück. Die Nachfrage bleibe voraussichtlich in diesem, Jahr stabil. Die Auslastung der Werke liege bei über 90 Prozent. Für den Sommer seien keine ferienbedingten Schließungen geplant, um so das hohe Produktionsniveau aufrecht zu halten. (von Pierre Leyers - Foto: John Lamberty)