Erfolgreicher historischer Bogenbauseminar

Kursleiter Michel Bombardier führte uns zunächst verbal in die Geschichte und Technik des Bogenbaus ein. So erfuhren wir denn auch, welche Hölzer sich für den Bogenbau eignen und welche nicht. Gut eignen sich: Esche - Eibe - Robinie und Hickory. Auch Buche, Ahorn und Kirsche lässt sich für den Bogenbau verwenden, ist jedoch je nach Härte auch schwieriger zu verarbeiten. Das Holz muss mindestens zwei Jahre lang abgelagert sein. Wir Teilnehmer bekamen einen Rohling aus Hickory, eine Raspel und ein Stahlblech zum Glätten in die Hand gedrückt. Als nächstes ging es mit der Raspel und dem Ziehblech daran, die Kontur des Bogens ganz exakt an den eingezeichneten Linien entlang herauszuarbeiten. Als Resultat bekam der Bogen in Bezug auf Front und Seitenbereiche bereits seine endgültige Form und Gestalt. Im Anschluss wurde mit der Raspel der Handgriff nach Wunsch griffig und bequem gefeilt. Eigentlich war der Bogen für uns Laien damit fertig, es sah doch alles wie ein Bogen aus, wäre da nicht die Sache mit dem Spannen und dem Abgleichen – der Fachmann spricht hier vom „Tillern“ – gewesen. Keiner unserer Bögen ließ sich aufgrund der noch vorhandenen Stärke der Wurfarme oben und unten auch nur annähernd spannen. Nun galt es mit der Raspel, mit dem Ziehmesser und dem Blech nach und nach die Stärke des Materials an den Wurfarmen abzuarbeiten, damit sich überhaupt eine Biegung des Bogens einstellte. Der Bogen bekam dann am Nachmittag seine erste provisorische Sehne angelegt. Die Sehnen bestehen bei Michel aus Leinengarn, das 10fach verdrillt wird. Mit Hilfe der Sehne und einem Richtholz, in das der Bogen eingespannt werden konnte, warf der Bogenbaumeister einen ersten Blick auf die Rundung des Bogens. Diese muss an den Wurfarmen nämlich ganz exakt rund sein, um Brüche wegen ungleichmäßiger Belastung auszuschließen. Mit dem Bleistift zeichnete er die Stellen an, an denen der Bogen noch insgesamt zu steif oder „unrund“ war. Nun war Geduld und Fingerspitzengefühl gefragt. Immer wieder musste man den Bogen aufspannen und an neuen oder auch alten Stellen mit der Raspel und dem Ziehblech vorsichtig abarbeiten – zuviel durfte man ja auch nicht wegraspeln, sonst wäre der Bogen unbrauchbar geworden. Schließlich durfte ich dann den Bogen mit dem Blech rundherum glätten und wachsen. Alle Teilnehmer bekamen drei Pfeilrohlinge und bauten mit Federn, Kleber, Garn und Pfeilspitzen passende Pfeile. Die Bögen hatten alle schätzungsweise 40-65 Pfund Zugkraft. Also nichts für Kinderhände, hier bedurfte es kräftigerer Hände zum Spannen. Abends zu Hause konnte man kaum mehr einen Finger oder gar die Arme und den Rücken rühren. Als echte „Schreibtischtäter“ waren die völlig anders gearteten Bewegungen des Abziehens und Raspelns eine echte Herausforderung für uns. Natürlich hätten wir an vielen Stellen den Elektrohobel, den Bandschleifer oder die Stichsäge einsetzen können, aber darum ging es ja gar nicht. Wir konnten hautnah erleben, wie sich der Alltag eines mittelalterlichen Handwerkers „anfühlte“ und welche Leistungen vollbracht wurden. Man kannte Bögen vorher als karbonverstärkte Sportbögen. Verglichen mit diesen Präzisionsgeräten ist unser „Mittelalterbogen“ schlicht. Aber er ist jedem viel mehr wert, weil man ihn alleine mit eigener Hände Arbeit erarbeitet hat. Und dass er darüber hinaus auch noch gut schießt, macht ihn auch noch interessanter. Mit Michel Bombardier hatten wir einen sympathischen und erfahrenen Bogenbaumeister, der keine Frage offen ließ und uns sachkundig anleitete. Kurzum, das Seminar war ein voller Erfolg und es ist jedem Interessierten zu empfehlen. Es wird sicher nicht das letzte Bogenbauseminar gewesen sein.