Erzbischof Jean-Claude Hollerich lud zum Neujahrsempfang ein

„Ich denke, ich bin jetzt in Luxemburg angekommen“, sagte Erzbischof Jean-Claude Hollerich gestern am Rande des Neujahrsempfangs in seiner Residenz in der Hauptstadt. Dem Erzbischof, der einen großen Dank an seinen Vorgänger, Mgr. Fernand Franck, richtete, ist nach vielen Gesprächen in den vergangenen Wochen eines bewusst geworden: „Es gibt in Luxemburg nicht nur Parallelgesellschaften, sondern auch Parallelkirchen.“

„Ich habe Japan selten vermisst – außer ein bisschen an Weihnachten und Neujahr“, so der Erzbischof gegenüber unserer Zeitung. „Ich hatte auch keine Zeit dafür, da es so viele Menschen gibt, die mir begegnen wollen.“ Das Schöne sei dabei, „zu ermutigen und zusammenzuführen.“

Integration
als wichtige Aufgabe
Eines ist Jean-Claude Hollerich mittlerweile noch klarer geworden: „Wir müssen Luxemburger und Nicht-Luxemburger verstärkt zusammenführen.“ Die Kirche trage das Ihre dazu bei: Ex-Bürgermeister Paul Helminger habe im November 2011 bei der Altarweihe in Bonneweg betont, dass die Kirche eine Integrationsarbeit ausführe, die weder die Gemeinde noch der Staat übernehmen könnten. „Integration heißt nicht, dass eine der Gruppen ihre Identität aufgeben muss. Beide müssen sich bewegen“, betont der Erzbischof. Als weiterer Beitrag zur Integration wird Jean-Claude Hollerich ab kommendem Herbst jeden Sonntagabend den Gottesdienst in der Kathedrale als „Messe du Peuple de Dieu“ in verschiedenen Sprachen feiern.

Eine weitere Herausforderung stellt die Krise dar: „In der Krise sollten wir nicht vergessen zu teilen“, betont der Erzbischof. „Denn es gibt immer jemanden, dem es noch schlechter geht als einem selbst. Manchmal müssen wir auch einen kleinen Schlag hinnehmen, um zu erkennen, was wirklich wichtig ist – dass es nicht das Geld ist, sondern Familie und Freunde. Es geht darum, dass man ein einfaches Glas Wein genießen kann – wir sind zu sehr an die guten Dinge gewöhnt. Es geht auch darum, die Menschlichkeit neu zu entdecken.“ Die Politiker sollten darauf achten, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich nicht zu groß wird. Als Erzbischof zahle er selbst hohe Steuern. „Und ich bin froh darüber, denn so soll es sein: dass wir eine Solidarität in der Gesellschaft haben, und dass kein sozialer Egoismus entsteht.“ Jean-Claude Hollerich könnte sich somit damit anfreunden, wenn der Index den Haushalten mit niedrigen Einkommen vorbehalten wäre.

Bei allen Herausforderungen blickt der Erzbischof aber mit Optimismus ins neue Jahr. „Wir haben eine Kirche mit viel Potenzial. Wir müssen eine Kirche werden, die froh ist im Glauben und diesen Glauben ausstrahlt.“ Noch in diesem Monat beginnt der Erzbischof, die Pfarreien zu besuchen – eine pro Monat und jeweils drei Tage lang. „Denn der persönliche Kontakt mit den Menschen ist wichtig.“ Auftakt der Tour ist in der kommenden Woche im Pfarrverband Mersch.

Jean-Claude Hollerich freut sich auf die Oktave – für ihn die erste seit zwölf Jahren. Oktavprediger ist in diesem Jahr der Erzbischof persönlich. Vorfreude verspürt er auch für die Echternacher Springprozession: „Ich werde bei den Seminaristen mitspringen.“

Zu Beginn des Empfangs drückte der Erzbischof den anwesenden Mitgliedern des Klerus, Ordensleuten, Mitarbeitern und Religionslehrern seine besten Wünsche aus. „Mit so vielen guten Leuten habe ich keine Angst um die Zukunft der Kirche“, sagte Jean-Claude Hollerich. „Von ganzem Herzen“ dankte er seinem Vorgänger Mgr. Fernand Franck, der zwei Jahrzehnte lang die Geschicke der katholischen Kirche in Luxemburg gelenkt hatte. Da Mgr. Franck in Rom weilte und somit nicht am Empfang teilnehmen konnte, bat Jean-Claude Hollerich die Anwesenden um „einen so lauten Applaus, dass er bis nach Rom zu hören ist.“ Ein Geburtstagsständchen aller Anwesenden gab es für Chanoine André Heiderscheid, der am 30. Dezember seinen 85. Geburtstag gefeiert hatte. (Text: Raphael Zwank / Fotos: Anouk Antony)