Bittere Pillen aus dem Internet: Anzahl aufgespürter fragwürdiger Medikamente in einem Jahr um etwa 60 Prozent gestiegen

Viele Internetbenutzer die gerne online shoppen, beschränken sich nicht nur auf Bücher, Kleider oder Musik. Immer mehr werden auch Arzneimittel über das Netz direkt nach Hause bestellt. Aber oft ohne zu wissen, wo die Ware eigentlich herkommt.

Die Kartontüten sind meistens braun und kommen unter anderem aus Indien, während die Rechnung in Osteuropa erstellt wurde. Manchmal werden sie über die Schweiz verschickt, um eventuellen Verdacht der europäischen Zollverwaltungen zu zerstreuen. „Meistens ist weder eine Packungsbeilage noch eine Gebrauchsanweisung dabei. Für uns bedeutet dies sofort: Stop“, erklärt Patrick Lenertz, Zolleinnehmer im „Centre de tri postal“ in Bettemburg.

Bei Arzneimitteln, die außerhalb der EU produziert werden, sind die Kontrollmechanismen meistens nicht ausreichend. „Man kennt weder die Zutaten der Medikamente noch die Dosierung.“ Handelt es sich um Fälschungen von bekannten Medikamenten, wird die Pharmaunternehmen angeschrieben. Doch da es sich meistens um kleine Quantitäten handelt, ist es selten, dass solche Firmen sich zum Handeln entscheiden. Deshalb werden Gespräche mit der „Division pharmacie“ aus dem Gesundheitsministeriums geführt. Gewünscht wird sich eine vereinfachte Prozedur, um die gefälschten Medikamente vernichten zu können.

Am meisten wurden Potenzmittel in den kleinen braunen Kartontüten entdeckt. Diese können sofort beschlagnahmt werden, denn rezeptpflichtige Medikamente dürfen in Luxemburg nur in Apotheken oder Krankenhäusern vergeben werden. Öfters zurückgehalten werden auch Schlankheitsmittel, Beruhigungsmittel und Anabolika. Auch werden manchmal Produkte gefunden, die der Vorbereitung von Drogen dienen sollen.

Insgesamt ist die Zahl dieser fragwürdigen Arzneimittel, die die Zollverwaltung in Bettemburg aufgespürt hat, in einem Jahr um 60 Prozent gestiegen. „Manche schätzen, dass der Pillenschmuggel mittlerweile mehr einbringt als der Drogenschmuggel“, erklärt Patrick Lenertz.

In einem Fall hatte sich sogar herausgestellt, dass Zement in den Pillen war. Es gilt also, sehr vorsichtig mit solchen Produkten aus Nicht-EU-Ländern zu sein. Denn sonst könnte sich das im Internet als Wundermittel gepriesene Mittel bald als bittere Pille herausstellen. (na)


Jeder Versand ist als kommerziell zu betrachten

Neben Fälschungen und Arzneimitteln, sind den Zollbeamten des „Centre de tri postal“ in Bettemburg schon allerlei verschiedene Waren in die Hände gelangt. Deshalb erinnert Patrick Lenertz daran, dass es im Prinzip verboten ist, Fleisch und Milchprodukte zu verschicken. Außerdem erklärt er, dass jeder Versand per Post grundsätzlich als kommerzieller Versand zu betrachten ist. Auch wenn jemand das verschicken will, was er über „eBay“ verkauft hat. „Viele denken, dass es sich nicht um einen richtigen Verkauf handelt, weil es zwischen zwei privaten Personen stattfindet“. Doch auch auf solchen Sendungen können gegebenenfalls Zollabgaben fällig sein.