Jugendtheatergruppe Namasté spielte „Die Wolke“ nach einem Roman von Gudrun Pausewang

Was wäre, wenn es plötzlich zu einem Unfall in einem Atomkraftwerk käme? Einem Gau, einem größt anzunehmenden Unfall? Dieser Frage ging die Theatergruppe Namasté in ihrem neuesten Stück „Die Wolke – Jetzt können wir nicht mehr sagen, wir hätten von nichts gewusst“ nach.

Sicherlich kein leichtes Thema, dessen sich die Jugendtheatergruppe des Lycée Hubert Clement angenommen hat, dennoch ein sehr aktuelles, bedenkt man die Debatten über die Laufzeiten von Atomkraftwerken bis 2022 in Deutschland bzw. die andauernden Proteste gegen die Castor-Transporte oder auch die Nähe des Großherzogtums zum Atomkraftwerk Cattenom.

Die Vorlage des Stücks bildete der 1987 erschienene, gleichnamige Roman der deutschen Autorin Gudrun Pausewang, die ihn als Reaktion auf den Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 schrieb.

Gezeichnet wird das Bild eines etwa 15-jährigen Mädchens, das sich, nachdem es durch einen Reaktorunfall unweit seines Wohnorts aus seinem relativ behüteten Alltag gerissen wird, im sprichwörtlichen Chaos wiederfindet, weil der Wind die nukleare Wolke über ihre Stadt trägt und jegliche Ordnung und Gewohnheit auflöst.

Gegen die allgemeine Ungewissheit und Unwissenheit bzw. Panik ankämpfend findet sie sich in der Rolle eines Flüchtlings wieder. Sie verliert nicht nur ihre Schwester aus den Augen, sondern auch den Kontakt zu ihren Eltern. So ist sie gezwungen, sich allein durchzuschlagen; sie muss sich für die Hilfsbereitschaft der anderen bedanken und gerät in eine ihr unangenehme Abhängigkeit, da sie die Rolle eines Bittstellers über- nehmen muss und feststellt, wie wenig sie selbst über ihr Leben entscheiden darf, und wie schnell alles vorbei sein kann. Sie erleidet massive Strahlenschäden und muss in eine Spezialklinik eingewiesen werden. Als ihre Haare ausfallen, versteckt sie sich nicht, sondern sucht als „Hibakusha“, so nennen sich auch die Strahlenopfer von Hiroshima, das Gespräch. Dabei kämpft sie gegen politisches Desinteresse an, stößt auf Wider- stand und hört mantraartig: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“.

Jana wehrt sich gegen diese Ohnmacht, indem sie der Öffentlichkeit permanent vor Augen führt, was wirklich passiert, und indem sie sich wehrt, eine Perücke zu tragen, um ihren kahlen Kopf zu bedecken.

Gleichzeitig drückt sie damit auch aus, dass dieser Unfall lieber totgeschwiegen wird und keiner der Politiker unangenehme Fragen beantworten oder Verantwortung über- nehmen will, nach dem Motto: „Machen wir das Beste daraus“. Was das Beste ist, bleibt offen, denn angesichts der Tatsache, dass zigtausende Menschen ihr Leben verloren haben und doch Atomkraftwerke weiterhin betrieben werden, sieht sich Jana der Tatsache gegenüber, dass zahlreiche Menschen lieber verdrängen und wegsehen.

Dass genau das der falsche Weg ist, versucht Namasté mit dieser Version von „Die Wolke“ deutlich zu machen, denn tatsächlich sind potenziell viel mehr Menschen von einem möglichen nuklearen Störfall betroffen, als viele wahrhaben wollen. Namasté gelang es größtenteils, die enorme Spannung dieses Themas schonungslos und offen auf der Bühne darzustellen. Dies zeigt, wie aktuell das Thema ist, und wie unsicher Atomenergie wirklich ist. Auch eine Lösung wird aufgezeigt: „Nicht gleichgültig sein, sondern handeln.“

„Wenn wir heute nichts dagegen unternehmen, werden sie sich morgen bedanken. Für unser Stillhalten und unsere Vernunft. Jeder muss überlegen, was er tun kann. Jeder an seiner Stelle. Dieses Mal vergessen wir es nicht“, zitieren sie Gudrun Pausewang. Diese hatte sich eine gänzlich politische Jugend gewünscht. Ziel erreicht – gut gemacht, Namasté!(NaR)