Als größte Grundschule des Landes birgt die Brillschule in Esch/Alzette eine Menge Potenzial, hat aber auch überdurchschnittlich viel mit der Problematik des Schulversagens zu kämpfen.
Um diesen Kampf (erneut) anzunehmen, wurde gestern eine Konvention zwischen dem Schulpersonal, der Gemeinde Esch/Alzette und dem Bildungsministerium unterschrieben, welche Wege und Ziele man ausarbeiten soll, um diesem folgenreichen Phänomen entgegenzu- wirken.
„Schulisches Versagen darf nicht als Fatalität angesehen werden“, stellte gestern Schöffe Jean Tonnar klar. Dies auch nicht im von Bildungsministerin Mady Delvaux-Stehres als „kompliziert“ bezeichneten Brill-Viertel in Esch/Alzette.
Laut Schulinspektor Joa Baum waren in den letzten Jahren etwa 28 Prozent der Schüler der Brill-Schule von schulischem Versagen betroffen. Im Klartext bedeutet dies, dass die Schullaufbahn von knapp einem Drittel der Schüler wegen schlechter Resultate um ein bis zwei Jahre verlängert werden musste. Diesen Rückstand gelte es aufzufangen.
Dafür wurde gestern eine Konvention zwischen Schulpersonal, Bildungsministerium und der Stadt Esch/Alzette unterzeichnet. Letztere hat seit 2000 etwa 15 Millionen Euro in die Brillschule investiert, betonte Bürgermeisterin Lydia Mutsch. Bildungsministerin Mady Delvaux-Stehres unterstrich ihrerseits, dass dies die erste Konvention dieser Art sei. Nach den Osterferien sollen Prioritäten, Ziele und Bedürfnisse der Schule definiert werden.
Das Schulpersonal wird dabei vom „Service de coordination de la recherche et de l'innovation pédagogiques et technologiques“ (SCRIPT) des Bildungsministeriums und von zwei deutschen Experten unterstützt werden. Thomas Meyer vom Landesinstitut für Pädagogik und Medien in Saarbrücken ist einer von beiden. Er unterstreicht, wie wichtig es sei, dass die Lehrer einsehen, dass sie selber Herr der Schulentwicklung sind und nicht der allgemeinen Entwicklung hinterherlaufen sollen. Dies sei wohl mit einem größeren Arbeitsaufwand verbunden, würde aber bessere Resultate erzeugen und gleichzeitig für mehr Arbeitszufriedenheit sorgen. Fertige Rezepte, um das schulische Versagen zu bekämpfen, gebe es keine, wichtig sei es demnach, sich seine eigenen spezifischen Schulziele zu geben, sowohl für das laufende Schuljahr als auch auf eine längere Zeitspanne hin. Angesichts der komplizierten Problematik dürfe man auch nicht den Fehler machen, zu viel auf einmal erreichen zu wollen.
Auch Marc Pierrard, Präsident des Schulkomitees unterstrich, dass die gestern unterschriebene Konvention wohl erst in den nächsten fünf bis zehn Jahren Früchte tragen werde. Er sprach von gewissen Ängsten, die es anfangs beim Lehrpersonal in Bezug auf diese Konvention gegeben habe, die aber überwunden werden konnten. Auch unterstrich er, dass das schulische Versagen von vielen Faktoren abhänge.
Oft werde sich in diesem Zusammenhang zu sehr auf den Migrationshintergrund fokussiert, erklärte Joa Baum. Doch eigentlich spiele der sozial-ökonomische Hintergrund die größere Rolle. „Es gibt auch Schüler mit Problemen, die Müller und Schmit heißen“, unterstrich er. Denkbar sei auch, diese Art von Konventionen auf weitere Schulen auszuweiten, sollte sich das Modell bewähren. Denn gegen die Problematik des schulischen Versagens müsse man auch außerhalb der Klassensäle ankämpfen. Auch müsse das Schulpersonal unterstützt werden, zum Beispiel durch Fortbildungskurse.
Als wichtigen Schritt, bezeichnete Jean Tonnar demnach die Konvention. Auch betonte er, dass jeder Schüler weniger im „Modulaire“ als Erfolg zu werten sei. Denn schulisches Versagen solle keine Fatalität mehr darstellen.
VON NICOLAS ANEN (Fotos: Eric Brausch)