Gemeinsam für den Strahlenschutz

65 Einsatzkräfte und Beamte aus Luxemburg und Deutschland erstellten Kartografie nach imaginärem Unfall in Cattenom (F)


Weniger als zwei Wochen nach einem kleineren Vorfall im Atomkraftwerk Cattenom und eine Woche nach Kundgebungen in ganz Deutschland gegen die Atomenergie wurde am Samstag (25.September) eine grenzüberschreitende Übung der Strahlenschutzämter aus Luxemburg, dem Saarland und Rheinland-Pfalz durchgeführt. Der Zeitpunkt war aber reiner Zufall, wie die Teilnehmer versicherten. Ziel der Übung war die Erstellung einer Karte anhand von Strahlungsmessungen und eine Optimierung der Zusammenarbeit.

An acht Punkten in Luxemburg und einem Punkt in Deutschland wurden Messungen mit Geigerzählern durchgeführt. Ein Punkt befand sich neben dem „Centre d'intervention“ in Schengen. Wie zwei weitere luxemburgische und fünf deutsche Teams versuchten dort Désirée Thilgen und Yves Flemming als Mitglieder der 30-köpfigen „Groupe de protection radiologique“ des Luxemburger Zivilschutzamtes, eine vor der Übung ausgelegte Cäsium-137-Quelle ausfindig zu machen. „Wir gehen davon aus, dass eine radioaktive Wolke vorbeigezogen ist – jetzt messen die Teams, wie hoch die Radioaktioaktivität ist und welches Risiko entstanden ist“, so Thierry Bellot vom Zivilschutz.

Nach einigen Minuten übermittelten Désirée Thilgen und Yves Flemming die Meldung an die Luxemburger Zentrale (am Samstag in Schengen, im Ernstfall am Sitz der Rettungsdienstverwaltung in der Hauptstadt), wo Zivilschutz-Mitglied Tanja Agosta die per Funk eingehenden Informationen sammelte und per E-Mail an die Einsatzzentrale im knapp 20 Kilometer entfernten Freudenburg (D) weiterleitete: „Die in Schengen um 9.20 Uhr gemessene multiplizierte Dosis Leistung beträgt 1,60 Mikrosievert pro Stunde“, gab Yves Flemming an die Zentrale weiter.

Obwohl die Zivilschutz-Mitglieder keine Schutzanzüge trugen, mussten sie sich wegen einer überhöhten Strahlendosis keine Sorgen machen. Denn die radioaktive Quelle strahlte nur in einem Umkreis von einem Meter das Zehnfache der natürlichen Umgebungsstrahlung aus. „In diesem Fall ist es weniger, als wenn Sie innerhalb einer Stunde ein Mal von einem Tischtennisball getroffen werden“, erklärt Désirée Thilgen. Eine weitere Quelle war in Sinz (D) ausgelegt worden, an den sieben übrigen Stellen in Luxemburg wurde nur die natürliche Strahlung gemessen die Arbeit auf dem Terrain bleibt schließlich die gleiche. Die gemessene Energie wird dabei in Sievert ausgedrückt (siehe Kasten). Neben den Teams mit mobilen Geigerzählern waren drei deutsche und ein luxemburgisches Messfahrzeug unterwegs. Insgesamt 65 Personen waren an der Übung beteiligt.

Die gemessenen Werte wurden im Feuerwehrgebäude von Freudenburg zentralisiert. Ziel war eine Karte über die Strahlenbelastung in der betroffenen Gegend. An den Laptops im Feuerwehrgebäudes saßen die Luxemburger Patrick Majerus von der „Division de la radioprotection“ des Gesundheitsministeriums und sein Kollege Patrick Breuskin, der auch Leiter des GPR des Zivilschutzes ist, sowie Michael Maurer vom Umweltministerium Rheinland-Pfalz und Stephan Motsch vom saarländischen Landesamt für Umweltschutz.

Wie die Spezialisten erklärten, dient die Kartografie vor allem dazu, die Maßnahmen, die nach einem Unfall aufgrund von Annahmen eingeleitet wurden, zu optimieren – falls eine Evakuierung der Bevölkerung erforderlich sein sollte, würde natürlich nicht auf die Karte gewartet. „Bei einem kleineren Vorfall oder einem Unfall in einem weit entfernten Atomkraftwerk könnte es auch genügen, die Bevölkerung z. B. aufzurufen, kein Gemüse aus dem Garten zu essen“, sagt Patrick Majerus.

Während bei anderen Übungen in Zusammenhang mit Cattenom auch Franzosen beteiligt sind, nahmen diesmal nur zwei Beobachter aus Frankreich teil, darunter Denis Giordan, Leiter der französischen „Cmir“ (Cellule mobile d'intervention radiologique).

Es handelte sich gestern um die erste Übung dieser Art mit luxemburgischen und deutschen Teilnehmern seit 2005. Erst am vergangenen 8. April hatte aber die alle drei Jahre stattfindende Simulation eines GAUs in Cattenom stattgefunden. Dabei waren Gras-, Wasser- und Schlammproben entnommen worden, während man sich gestern vor allem auf die Messung der Strahlung konzentrierte. Es wurden gestern aber auch Luftproben durchgeführt.

Die Verantwortlichen wiesen darauf hin, dass die gestrige Übung schon länger geplant war und nicht im Zusammenhang mit einem kleineren Vorfall in Cattenom am 13. September stand. Wie wir berichtet hatten, gab es während einer Stunde und 20 Minuten ein geringfügiges Sicherheitsrisiko, da beim Abladen von Brennelementen ein Ventil, das ein automatisches Wiederauffüllen des Beckens mit bor-haltigem Wasser erlaubt, irrtümlicherweise geschlossen war.

Patrick Majerus zeigte sich nach der Übung zufrieden: „Die Werte wurden korrekt weitergeleitet.“ Nur die in Deutschland und Luxemburg verwendete Software sei noch nicht kompatibel, wodurch es nicht möglich sei, eine gemeinsame Grafik zu erstellen. Das sei aber nur ein Schönheitsfehler, da jedes Land seine eigene Grafik zur Information der Bevölkerung benutzen könne.(VON RAPHAEL ZWANK - FOTOS:GUY JALLAY)