„Les Misérables“ beim Wiltzer Festival

Nachdem die Verfilmung des Musicals noch vor wenigen Monaten unzählige Zuschauer in die Kinos lockte, wartet das Wiltzer Festival in diesen Tagen mit einem besonderen Schmankerl auf, indem es erstmals die Musicalversion

von „Les Misérables“ zeigt.

Seit einigen Jahren sind Musicals ein wichtiger Programmteil des Wiltzer Festivals und nach dem großen Erfolg der „West Side Story“ im letzten Jahr, haben sich die Verantwortlichen in diesem Jahr für einen weiteren Musicalklassiker entschieden: „Les Misérables“, basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage von Victor Hugo.

Im Mittelpunkt der weitgesponnenen Geschichte steht der ehemalige Sträfling Jean Valjean, der nach 19 Jahren auf Bewährung aus der Haft entlassen wird. Nach einer folgenschweren Begegnung mit dem Bischof von Digne, beschließt Valjean sein Leben zu ändern. Er zerreißt seinen gelben Pass, der ihn als Sträfling auszeichnet und wird zu Monsieur Madeleine.

Sein Gegenspieler ist zeitlebens Polizeiinspektor Javert, der nicht an die Wandlung Valjeans glaubt und diesen endgültig hinter Gitter zu bringen versucht. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich gleich mehrere Erzählstränge, in deren Mittelpunkt jedoch immer wieder der Konflikt zwischen den beiden Männern steht.

Grundlage für die in Wiltz präsentierte Aufführung ist die von Cameron Mackintosh produzierte Version, die auch heute noch in London aufgeführt wird.

Unter der künstlerischen Leitung von Stanislav Mofla entführte das „Brno City Theatre“ (Tschechische Republik) die Zuschauer am Donnerstagabend in das Frankreich des beginnenden 19. Jahrhunderts.

Das Amphitheater vor dem historischen Wiltzer Schloss bot zusammen mit dem ausgeklügelten Bühnenbild eine eindrucksvolle Kulisse für das fast dreistündige Spektakel. Durch die aktive Einbindung des historischen Hintergrunds sei es als Projektionsfläche für stimmungsvolle Projektionen, sei es als bespielbarer Bühnenteil, ergab sich eine dreidimensionale Szenerie, die den Zuschauer in ihren Bann zog.

So rasant wie die Geschichte veränderte sich auch das Bühnenbild, bei dem sich besonders im zweiten Akt eindeutige Bezüge zu Delacroix' berühmten Werken fanden. Je weiter der Abend voranschritt, desto atmosphärisch dichter wurde die Stimmung, da sich das Bühnenbild mit zunehmender Dunkelheit wie von Geisterhand zu verändern schien.

Stimmgewaltige Akteure
Doch nicht nur das gelungene Bühnenbild trug zum Erfolg bei, vor allem die großartige Leistung des Musicalensembles überzeugte auf ganzer Linie. Petr Gazdik, der an diesem Abend den Jean Valjean verkörperte, erreichte mit seiner tragenden Stimme auch die hintersten Reihen des Festzelts. In Lukás Vlèek, dem Javert, fand er einen würdigen Gegenspieler, beide brillierten in den Hauptrollen und lieferten sich ein mitreißendes Duell. In den weiteren Rollen überzeugten Robert Jícha und Jana Musilova, die die raffgierigen Wirtsleute Thénardier mit sichtlichem Vergnügen verkörperten, sowie Duflan Vitázek als Marius und Jiøí Mach als Enjolras. Neben Johana Gazdíková in der Rolle der Eponine, berührte in der Rolle der jungen Cosette Kateøina Kolèavová das Publikum. Die eingängigen Melodien und wohlbekannten Songs taten ihr Übriges und entführten die Zuhörer in die Welt der „Misérables“.

Auch wenn an diesem Abend die weiblichen Darstellerinnen ihren männlichen Kollegen stimmlich etwas unterlegen waren, so fügten die unterschiedlichen Klangfarben sich besonders in den Ensemblepassagen zu einem stimmgewaltigen Ganzen.

Ein großes Lob gilt auch dem Orchester unter der Leitung von Dan Kalousek, das den stimmgewaltigen Solisten stets die passende musikalische Untermalung bot und das gesamte Ensemble durch die Aufführung trug.

Am Ende des Abends belohnte das begeisterte Publikum die außerordentliche Leistung der Darsteller und Musiker mit tobendem Applaus und Standing Ovations. Ein würdiger Abschluss für diesen rundum gelungenen Abend unter freiem Himmel.