Die schreckliche Kriegsvergangenheit nicht nur in ständiger Erinnerung zu behalten, sondern die Pflicht, aus ihr zu lernen, auf der Hut zu bleiben und die Botschaft des gewaltfreien Zusammenlebens an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben sowie für eine Gesellschaft des Friedens, wo auch die Schwachen und Armen ihren Platz haben, einzutreten, bildeten einmal mehr den Tenor der „Journée commémorative“ der Zwangsrekrutierten gestern Nachmittag in der Hauptstadt.
Mit einem feierlichen Gottesdienst in der Kathedrale von Luxemburg, einer Gedenkzeremonie beim nationalen Monument der Solidarität auf dem „Kanounenhiwwel“ sowie Blumenniederlegungen am Mémorial in Hollerich und am Monument der Eisenbahner in der Bahnhofshalle von Luxemburg-Stadt wurde des 69. Jahrestages der Einführung der Zwangsrekrutierung für die Luxemburger Jahrgänge 1920 bis 1927 gedacht. Zu dieser Gedenkfeier eingeladen hatten das „Comité directeur pour le souvenir de l'enrôlement forcé“ und die „Fédération des enrôlés de force“.
„Den nationale Gedenkdag vun den Zwangsrekrutéiert ass deen Dag, deen no beim 30. August läit, wou 1942, virun elo 69 Joer, dat schrecklecht Verbriechen ugefaangen huet, wat esou vill Lëtzebuerger d'Liewe kascht an esou vill aneren d'Gesondheet ruinéiert huet“, betonte Dompropst André Heiderscheid in seiner Einleitung.
Der Eucharistiefeier, die zugleich die Gedenkmesse für die ehemaligen Kriegsgefangenen aus dem russischen Lager Tambow war und der Dompropst André Heiderscheid, assistiert von Diakon Michel Michaely, vorstand, wohnten zahlreiche Zwangsrekrutierte, deren Familien, Freunde und Bekannte, mit an ihrer Spitze Präsident Erny Lamborelle und Vizepräsident Marc Mathekowitsch sowie u. a. Marie-Anne Thommes, Präsidentin des „Comité directeur pour le souvenir de l'enrôlement forcé“ (CDSEF), Steve Kayser, Direktor des „Centre de documentation et de recherche sur l'enrôlement forcé“, Jim Bolmer, Ehrengeneralsekretär der Zwangsrekrutierten, Mélanie Flammang, Präsidentin der „Association des survivants des enrôlés de force“, und Gaston Junck, Vorsitzender der „Amicale des anciens de Tambow“, bei.
In seiner Predigt ging Dompropst André Heiderscheid auf den 8. Mai 1945 ein. Mit diesem Datum sei der Krieg für viele Kameraden noch nicht vorbei gewesen. Nach der deutschen Barbarei, dem Zwang und der Hölle an den Fronten hätten sich Hunger, Heimweh, Krankheit und Sterben, und mit ihnen, das Leid in den Gefangenenlagern eingestellt. André Heiderscheid erinnerte an die zahlreichen Kameraden und Freunde, darunter auch 58 luxemburgische Mädchen, die aus dem RAD und Kriegshilfsdienst nicht mehr nach Hause kamen. Ebenso seien die Heldentaten der Helfer, die für die Zwangsrekrutierten ihr Leben riskiert und gelitten haben sowie des Öfteren auch gestorben sind, nicht vergessen. Das Leben von weit über 3 000 jungen Luxemburgern sei durch ihren selbstlosen Einsatz gerettet worden. Ihnen allen gebühre ein großes „Vergelt's Gott.“
In seiner Ansprache zum Schluss der Messfeier wies Gaston Junck, Präsident der „Tambower“, noch einmal auf Sinn und Zweck des nationalen Gedenktags der Zwangsrekrutierten hin. Es sei heute wichtiger denn je, junge Leute in die Pflicht zu nehmen, und ihnen zu zeigen, wozu Menschenverachtung und Fremdenhass führen können.
Musikalisch mitgestaltet wurde die Messfeier von Mitgliedern der „Maîtrise“ der Kathedrale, unter der Leitung von Domchorregens Antonio Grosu mit Organist Thierry Origer an der symphonischen Orgel der Kathedrale.
Im Anschluss an den feierlichen Gedenkgottesdienst legten die Zwangsrekrutierten und die „Tambower“ am nationalen Monument der Solidarität auf dem „Kanounenhiwwel“ ein Blumengebinde nieder.
Am frühen Nachmittag hatten sich Vertreter der Zwangsrekrutierten mit ihren Fahnenträgern und der nationalen Eisenbahngesellschaft beim Mémorial in Hollerich und beim Eisenbahnermonument in der Bahnhofshalle – zwei geschichtsträchtige Stätten – eingefunden, um der Opfer von Zwangsrekrutierung und Umsiedlung zu gedenken. Hier wie übrigens auch auf dem „Kanounenhiwwel“ und zum Teil im Mariendom zeichnete Clairon d'honneur Edmond Faber für die musikalischen Einlagen verantwortlich. (VON JEAN-PAUL SCHNEIDER)