Stadt der Vielfalt mit 94 000 Einwohnern

In der Sporthalle in Beggen startete der Schöffenrat seine diesjährige Tour durch die Viertel der Hauptstadt. Sieben Stationen sind bis zum 16. Februar geplant – in den vergangenen Jahren waren es fünf gewesen. Im Vorfeld der Gemeindewahlen hat der Schöffenrat somit Gelegenheit, noch ausführlicher auf die Anliegen der Einwohner einzugehen. Dazu gehörten in Beggen die rezenten Überschwemmungen. Der Schöffenrat hält Gegenmaßnahmen an der Alzette für erforderlich.

Wie in den Vorjahren zogen die Schöffen zunächst Bilanz der seit 2005 geleisteten Arbeit. Bürgermeister Paul Helminger übernahm den Teil von Xavier Bettel, der Verpflichtungen im Ausland hatte. Hinter dem Rednertisch standen neue „Multiplicity“-Banner. Dass die Hauptstadt sich die Vielfalt als Markenzeichen gab, hat seinen Grund: Von den 94 007 Menschen, die am 18. November 2010 in der Stadt angemeldet waren (rund 3 000 mehr als ein Jahr zuvor), sind nur noch 32 542 Luxemburger. Umso größer ist das Ungleichgewicht bei den Wählerlisten: Für die Gemeindewahlen waren am 18. November 2010 insgesamt 26 926 Luxemburger eingeschrieben – und nur 4 101 Nicht-Luxemburger. Der Bürgermeister rief die Ausländer auf, sich an den Wahlen zu beteiligen. Um die Integration zu fördern, hat die Stadt einen „Pacte d'intégration“ mit der Asti und dem Familienministerium unterzeichnet.

Zur Integration beitragen sollen auch Sport und Kultur. „Kulturelle Events bieten die Gelegenheit, zusammenzukommen, sich kennenzulernen und sich wennmöglich zu respektieren“, so Kulturschöffin Lydie Polfer. Somit seien die 60,7 Millionen Euro, die 2011 in die Kultur fließen, gut investiert. Lydie Polfer freute sich über die Wiedereröffnung des Cercle am 29. April. Am 30. April und am 1. Mai hat jeder Gelegenheit, sich das renovierte „Juwel im Herzen der Stadt“ anzusehen. Die Stadt zählt derzeit 84 Vereinigungen im Kulturbereich mit 4 655 Mitgliedern.

Was den Sport betrifft, hoffte Schöffin Simone Beissel, dass beim Fußball-Länderspiel Luxemburg-Frankreich am 25. März alle 8 700 Plätze im Stadion, das kürzlich mit neuen Sitzen gemäß den Uefa-Regeln ausgerüstet wurde, belegt sein werden. Den Einwohnern von Beggen teilte sie mit, dass das lokale Tennis-Terrain bald neue Umkleideräume erhalte.

Den über 94 000 Einwohnern soll laut Paul Helminger eine lebenswerte Stadt geboten werten, die auch als Handelszentrum des Landes und der Großregion gilt. Eine Ausstellung über das Projekt „Royal-Hamilius“ soll demnächst im Centre Aldringen stattfinden. Was die Schaffung von Wohnraum betrifft, verwirklicht die Stadt derzeit 115 Sozialwohnungen, davon acht für Senioren, 13 Notunterkünfte und 24 Studentenwohnungen. Darüber hinaus wurden im Jahr 2010 816 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt.

Bei einer steigenden Bevölkerungszahl wird eine gute Organisation des öffentlichen Transportes immer wichtiger. „Die Zahl der Fahrgäste unseres Busdienstes erhöhte sich in den vergangenen vier Jahren von 25 auf 31 Millionen pro Jahr“, sagte Mobilitätsschöffe François Bausch. Er erinnerte an die Einführung des neuen Buskonzeptes mit Taktverbesserungen, einem Betriebsleitsystem und Rufbussen. In den kommenden drei Jahren sollen 80 ältere Busse ersetzt werden. Der City Night Bus wird optimiert – eine entsprechende Studie wird demnächst vorgestellt. Auch sollen neue und besser beleuchtete Bushäuschen installiert werden. Das heute 139 Kilometer lange Radwegenetz wird weiter ausgebaut – bis es in Beggen ankommt, muss aber der im Bau befindliche Aufzug zwischen dem Pfaffenthal und der Oberstadt fertiggestellt sein.

Wo viele Menschen wohnen, ist meist die Kriminalität hoch – nicht aber in Luxemburg: Die Statistiken sind laut Paul Helinger „eher beruhigend“. So sinke die Zahl der Diebstähle. Probleme gebe es aber z.B. mit unpassendem Benehmen auf der „Kinnékswiss“, mit Drogen, Prostitution und Vandalismus. Die Gesetzgebung reicht laut dem Bürgermeister nicht aus, um diese Probleme wirksam zu bekämpfen, „doch scheint bei der Staatsanwaltschaft der Wille zu bestehen, dies zu ändern“.

Verändert haben viele Einwohner bereits ihre Gewohnheiten seit der Einführung der Bio-Mülltonnen: „Wir haben mit fünf Tonnen Biomüll begonnen, jetzt liegen wir bei fast acht Tonnen pro Woche“, so Umweltschöffin Viviane Loschetter. „Und die Einwohner halten sich an die Empfehlungen: Der Biomüll aus der Hauptstadt ist bei weitem der sauberste.“ Im Sinne des Vorsorgeprinzips will die Stadt eine Karte mit den Strahlenbelastungen durch GSM-Antennen erstellen und eine Charta mit den Betreibern unterzeichnen.

Kläranlage im Juli fertig

Damit die wachsende Stadt hygienisch sauber bleibt, wird seit September 2007 eine neue Kläranlage in Beggen gebaut. Ein Teil funktioniert seit Mai 2010, im Juli soll die gesamte Anlage fertig sein. Eine Geruchsbelästigung ist laut Bautenschöffin Simone Beissel wegen der Überdachung nicht zu erwarten. Der Kollektor von der alten Kläranlage in Bonneweg nach Beggen werde frühestens ab September gebaut, da eine bei der Ausschreibung nicht zurückbehaltene Firma vor Gericht gezogen ist.

Zu den Themen, die von den Einwohnern angeschnitten wurden, gehören die rezenten Überschwemmungen: Der Schöffenrat teilte die Ansicht, dass in Beggen seit Jahren Arbeiten am Ufer und im Flussbett der Alzette erforderlich seien, um Überflutungen zu verhindern. Entsprechende Gespräche wolle der Schöffenrat mit dem Staat führen.

Die nächste Informationsversammlung findet am 17. Januar um 19 Uhr im Kulturzentrum in Hollerich (24, rue Emile Lavandier) statt und ist auch für die Bürger aus Merl und Belair gedacht.
Text: raz, Foto: AA)