Dass es der Feuerwehr und dem Rettungsdienst an freiwilligen Mitgliedern fehlt, dürfte mittlerweile bekannt sein.
Doch was bedeutet dies konkret? Tom Barnig hat im Auftrag der Bettemburger Gemeindeverwaltung eine umfassende Bedarfsanalyse des Rettungszentrums „Cibett“ verfasst. Diese zeigt unter anderem, dass die bei der Reform des Rettungswesens angedachten Hilfsfristen vom Bettemburger Rettungszentrum unter den heutigen Voraussetzungen nur zum Teil eingehalten werden könnten. Und lässt außerdem erkennen, wann der zweite Krankenwagen aus Bettemburg aus Mangel an Einsatzkräften nicht einsetzbar war.
„Es wird immer von einem Mangel an Freiwilligen gesprochen“, erklärt Tom Barnig, der selbst Mitglied im „Cibett“ in Bettemburg ist und momentan „Rescue engineering“ in Hamburg studiert. „Doch wir wollten sehen, was dies für uns wirklich bedeutet.“
„Ohne Freiwillige richten auch Profis nicht viel aus“
Aus seiner 144 Seiten langen Analyse geht hervor, dass der erste Krankenwagen des Cibett 2011 immer einsatzbereit war – für den zweiten war dies jedoch während etwa einem Drittel der Zeit nicht der Fall. Dies bedeutet nicht, dass er tagelang ausgefallen wäre, doch waren während mancher Zeitspannen (der Tag ist im Cibett in sechs Schichten eingeteilt) ganz einfach nicht genügend Hilfskräfte vorhanden, um den Hilfsdienst gewährleisten zu können.
Problematisch waren vor allem die Schichten von 6 bis 10 Uhr, von 10 bis 13 Uhr (in dieser Zeitspanne finden übrigens die meisten Einsätze statt) sowie von 13 bis 15 Uhr. Ehrenamtliche Einsatzkräfte stehen eher am Feierabend oder an Wochenenden zur Verfügung, wenn sie ihren schulischen oder beruflichen Verpflichtungen nicht mehr nachgehen müssen, erklärt Tom Barnig. Doch bei der steigenden Bevölkerung und den steigenden Einsatzzahlen (2011 mussten die Krankenwagen aus Bettemburg über 2 200 Mal in den Einsatz) wäre mehr als wünschenswert, dass auch der zweite Krankenwagen stets von 6 Uhr morgens bis Mitternacht bereitstehe, so Tom Barnig. An einer zusätzlichen Einstellung von hauptamtlichen Hilfskräften scheint demnach kein Weg vorbeizuführen.
Ohne die professionellen Mitarbeiter wäre es wohl schwierig gewesen, auch den ersten Krankenwagen über die ganze Zeit einsatzbereit zu halten, unterstreicht Tom Barnig, fügt aber gleich hinzu: „Das Problem der Freiwilligen stellt sich immer, aber ohne Freiwillige richten auch Profis nicht viel aus.“
Was die Hilfsfrist anbelangt, ist bei der Reform des Rettungswesens angedacht, in 90 bis 95 Prozent der Fälle eine Dauer von maximal 15 Minuten bis zum Eintreffen der Hilfskräfte vorzuschreiben. Da die große Mehrheit der Einsätze des Cibett in seiner direkten Umgebung (sprich in Bettemburg) stattfinden, kann diese Frist dort ohne weitere Schwierigkeiten eingehalten werden.
Schwieriger wird es aber bei Einsätzen in Aspelt, Hassel oder Syren, am Rande des Einsatzgebiets des Cibett. In beiden letzteren Fällen muss über 20 Minuten auf einen Krankenwagen aus Bettemburg gewartet werden. Aus den Simulationen der Bedarfsanalyse geht demnach hervor, dass die Hilfsfrist aktuell nur in 80 Prozent der Fälle unter dem Wert von 15 Minuten liegt. Berücksichtigt man 95 Prozent der Einsätze, liegt die theoretische Hilfsfrist bei 18,4 Minuten. Dies bedeutet, dass (bei einer Ausrückzeit von fünf Minuten) 95 Prozent aller Einsatzorte innerhalb von 18,4 Minuten erreicht werden können.
Der einzige Faktor, mit dem der Cibett diese Dauer verringern könnte bestünde darin, die Ausrückzeit zu verkürzen, erklärt Tom Barnig. Auch hier hilft der Einsatz von beruflichen Hilfskräften, da diese ihren Bereitschaftsdienst in der Zentrale halten und bei einem Notruf sofort ausfahren können.
Neben den Krankenwagen befinden sich im Cibett aber auch zahlreiche Feuerwehrfahrzeuge. Mit ähnlichen Personalschwierigkeiten wie die Rettungskräfte muss auch die Feuerwehr kämpfen. Zwar wurden keine Berufsfeuerwehrleute eingestellt, doch helfen tagsüber einige Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung aus. „Dieses Prinzip funktioniert schon seit einigen Jahren. Ohne sie wäre es schwierig, während der Woche mit genügend Leuten auszukommen“, erklärt Tom Barnig.
In den letzten fünf Jahren schaffte es die Bettemburger Feuerwehr bei „Alertes générales“, in über 70 Prozent der Fälle mit mindestens zehn Mann im Einsatz zu sein. Durschnittlich waren bei solchen größeren Einsätzen 15 Leute im Einsatz.
„Mancherorts wird es schwierig sein, diese Werte einzuhalten“
Bei der Reform ist angedacht, dass bei Feueralarm nach acht Minuten eine erste Einheit mit zehn Mann zur Stelle sein soll und, falls nötig, eine zweite mit sechs Mann fünf Minuten später. Bei einem „Sauvetage“ ist eine Hilfsfrist von 15 Minuten vorgesehen (z.B. wenn Menschen aus einem Auto nach einem Unfall geborgen werden müssen). „Mancherorts wird es schwierig sein, diese Werte einzuhalten“, ist sich Tom Barnig bewusst. Gerade wie für die Krankenwagen, braucht es auch für die Feuerwehrfahrzeuge etwas Zeit, um außerhalb der Bettemburger Gemeindegrenzen bis an den Rand des Einsatzgebiets zu gelangen. Außerdem stellt die Bahnschranke in Noertzingen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis dar.
Doch gerade wie eine weitere Professionalisierung des Sektors seien auch Kriterien wie diese Hilfsfristen, an denen sich die Rettungszentren orientieren können, notwendig.
Zum ersten Mal würden nun im Rahmen der angekündigten Reform des Rettungswesen überhaupt allgemeine Schutzziele festgelegt, unterstreicht Tom Barnig. Bevor er mit Humor schlussfolgert: „Bisher gab es eigentlich keine schlechte Feuerwehr. Denn es ist nie definiert worden, was gut oder schlecht ist.“
VON NICOLAS ANEN (Foto: Marc Wilwert)
Doch was bedeutet dies konkret? Tom Barnig hat im Auftrag der Bettemburger Gemeindeverwaltung eine umfassende Bedarfsanalyse des Rettungszentrums „Cibett“ verfasst. Diese zeigt unter anderem, dass die bei der Reform des Rettungswesens angedachten Hilfsfristen vom Bettemburger Rettungszentrum unter den heutigen Voraussetzungen nur zum Teil eingehalten werden könnten. Und lässt außerdem erkennen, wann der zweite Krankenwagen aus Bettemburg aus Mangel an Einsatzkräften nicht einsetzbar war.
„Es wird immer von einem Mangel an Freiwilligen gesprochen“, erklärt Tom Barnig, der selbst Mitglied im „Cibett“ in Bettemburg ist und momentan „Rescue engineering“ in Hamburg studiert. „Doch wir wollten sehen, was dies für uns wirklich bedeutet.“
„Ohne Freiwillige richten auch Profis nicht viel aus“
Aus seiner 144 Seiten langen Analyse geht hervor, dass der erste Krankenwagen des Cibett 2011 immer einsatzbereit war – für den zweiten war dies jedoch während etwa einem Drittel der Zeit nicht der Fall. Dies bedeutet nicht, dass er tagelang ausgefallen wäre, doch waren während mancher Zeitspannen (der Tag ist im Cibett in sechs Schichten eingeteilt) ganz einfach nicht genügend Hilfskräfte vorhanden, um den Hilfsdienst gewährleisten zu können.
Problematisch waren vor allem die Schichten von 6 bis 10 Uhr, von 10 bis 13 Uhr (in dieser Zeitspanne finden übrigens die meisten Einsätze statt) sowie von 13 bis 15 Uhr. Ehrenamtliche Einsatzkräfte stehen eher am Feierabend oder an Wochenenden zur Verfügung, wenn sie ihren schulischen oder beruflichen Verpflichtungen nicht mehr nachgehen müssen, erklärt Tom Barnig. Doch bei der steigenden Bevölkerung und den steigenden Einsatzzahlen (2011 mussten die Krankenwagen aus Bettemburg über 2 200 Mal in den Einsatz) wäre mehr als wünschenswert, dass auch der zweite Krankenwagen stets von 6 Uhr morgens bis Mitternacht bereitstehe, so Tom Barnig. An einer zusätzlichen Einstellung von hauptamtlichen Hilfskräften scheint demnach kein Weg vorbeizuführen.
Ohne die professionellen Mitarbeiter wäre es wohl schwierig gewesen, auch den ersten Krankenwagen über die ganze Zeit einsatzbereit zu halten, unterstreicht Tom Barnig, fügt aber gleich hinzu: „Das Problem der Freiwilligen stellt sich immer, aber ohne Freiwillige richten auch Profis nicht viel aus.“
Was die Hilfsfrist anbelangt, ist bei der Reform des Rettungswesens angedacht, in 90 bis 95 Prozent der Fälle eine Dauer von maximal 15 Minuten bis zum Eintreffen der Hilfskräfte vorzuschreiben. Da die große Mehrheit der Einsätze des Cibett in seiner direkten Umgebung (sprich in Bettemburg) stattfinden, kann diese Frist dort ohne weitere Schwierigkeiten eingehalten werden.
Schwieriger wird es aber bei Einsätzen in Aspelt, Hassel oder Syren, am Rande des Einsatzgebiets des Cibett. In beiden letzteren Fällen muss über 20 Minuten auf einen Krankenwagen aus Bettemburg gewartet werden. Aus den Simulationen der Bedarfsanalyse geht demnach hervor, dass die Hilfsfrist aktuell nur in 80 Prozent der Fälle unter dem Wert von 15 Minuten liegt. Berücksichtigt man 95 Prozent der Einsätze, liegt die theoretische Hilfsfrist bei 18,4 Minuten. Dies bedeutet, dass (bei einer Ausrückzeit von fünf Minuten) 95 Prozent aller Einsatzorte innerhalb von 18,4 Minuten erreicht werden können.
Der einzige Faktor, mit dem der Cibett diese Dauer verringern könnte bestünde darin, die Ausrückzeit zu verkürzen, erklärt Tom Barnig. Auch hier hilft der Einsatz von beruflichen Hilfskräften, da diese ihren Bereitschaftsdienst in der Zentrale halten und bei einem Notruf sofort ausfahren können.
Neben den Krankenwagen befinden sich im Cibett aber auch zahlreiche Feuerwehrfahrzeuge. Mit ähnlichen Personalschwierigkeiten wie die Rettungskräfte muss auch die Feuerwehr kämpfen. Zwar wurden keine Berufsfeuerwehrleute eingestellt, doch helfen tagsüber einige Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung aus. „Dieses Prinzip funktioniert schon seit einigen Jahren. Ohne sie wäre es schwierig, während der Woche mit genügend Leuten auszukommen“, erklärt Tom Barnig.
In den letzten fünf Jahren schaffte es die Bettemburger Feuerwehr bei „Alertes générales“, in über 70 Prozent der Fälle mit mindestens zehn Mann im Einsatz zu sein. Durschnittlich waren bei solchen größeren Einsätzen 15 Leute im Einsatz.
„Mancherorts wird es schwierig sein, diese Werte einzuhalten“
Bei der Reform ist angedacht, dass bei Feueralarm nach acht Minuten eine erste Einheit mit zehn Mann zur Stelle sein soll und, falls nötig, eine zweite mit sechs Mann fünf Minuten später. Bei einem „Sauvetage“ ist eine Hilfsfrist von 15 Minuten vorgesehen (z.B. wenn Menschen aus einem Auto nach einem Unfall geborgen werden müssen). „Mancherorts wird es schwierig sein, diese Werte einzuhalten“, ist sich Tom Barnig bewusst. Gerade wie für die Krankenwagen, braucht es auch für die Feuerwehrfahrzeuge etwas Zeit, um außerhalb der Bettemburger Gemeindegrenzen bis an den Rand des Einsatzgebiets zu gelangen. Außerdem stellt die Bahnschranke in Noertzingen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis dar.
Doch gerade wie eine weitere Professionalisierung des Sektors seien auch Kriterien wie diese Hilfsfristen, an denen sich die Rettungszentren orientieren können, notwendig.
Zum ersten Mal würden nun im Rahmen der angekündigten Reform des Rettungswesen überhaupt allgemeine Schutzziele festgelegt, unterstreicht Tom Barnig. Bevor er mit Humor schlussfolgert: „Bisher gab es eigentlich keine schlechte Feuerwehr. Denn es ist nie definiert worden, was gut oder schlecht ist.“
VON NICOLAS ANEN (Foto: Marc Wilwert)