Am Ziel angekommen

Seit Montag tagt die Weltkultur- organisation Unesco in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Dort wird über die Aufnahme von 47 neuen Einschreibungen in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit entschieden. Zu den Kandidaturen aus 29 Ländern gehörte auch die Echternacher Spring- prozession, die als 27. Antrag gestern überprüft und aufgenommen wurde. Die jahrelangen Bemühungen wurden somit endlich belohnt: Die Echternacher Springprozession ist nunmehr immaterielles Kulturerbe der Menschheit.

Neben der 1994 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärten Altstadt und Festung von Luxemburg verfügt das Großherzogtum nun über eine weitere Einschreibung bei der Weltkulturorganisation Unesco: seit gestern ist die Echternacher Springprozession offiziell auf der „Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ aufgeführt.

Traditionell finden sich am Pfingstdienstag zahlreiche Pilger und Musiker in der Abtei- stadt an den Ufern der Sauer zusammen, um durch ein „Gebet mit den Füßen“ dem Heiligen Willibrord, dem zweiten Landespatron, zu huldigen.

Die zahlreichen Musikkapellen und die mit weißen Dreieckstüchern verbundenen Pilger, die jahrein jahraus in Echternach diese Tradition lebendig halten, stehen jedoch nicht nur stellvertretend für eine historische Vergangenheit, sondern verdeutlichen ebenfalls die durchaus zeitgenössische Wichtigkeit dieser Prozession. Ein nicht nur religiöses, sondern auch kulturelles Ereignis, dessen Ziel das Grab des Heiligen in der Basilika ist und dessen Aura weit über die Landesgrenzen hinausstrahlt, wie die ansehnliche Pilger- zahl beispielsweise aus dem deutschen Nachbarland verdeutlicht.

Im September 2008 wurde der Antrag per Kurierdienst vom Kulturministerium in die französische Hauptstadt entsandt. Dem zuvorgegangen war eine jahrelange Vorbereitungsarbeit, bei der eine fünfköpfige Arbeitsgruppe ein hieb- und stichfestes Bewerbungsdossier zusammengestellt hatte.

Im gleichen Jahr hatte – eine der Bedingungen zur Aufnahme in die Unesco-Liste – ein Informationszentrum seine Pforten in der Echternacher Basilika geöffnet, das Besucher die Geschichte der Prozession, sowie ihre Bedeutung für Echternach und die Region näherbringen sollte.

Mit „Magno Tripudio“, der am 21. April 2009 Premiere im Trifolion feierte, wurde zudem vom Centre National de l'Audiovisuel ein Dokumentarfilm beim Diekircher Filmemacher und AFO-Mitbegründer Georges Fautsch in Auftrag gegeben, der Historie und Entwicklung der Springprozession anschaulich erläuterte.

Das lange Warten hat sich gelohnt

Eigentlich hätte die Echternacher Springprozession bereits bei der letzten Sitzung der Unesco, Ende September 2009 in Abu Dhabi, auf die Liste des immateriellen Kultur- erbes aufgenommen werden sollen.

Doch dann kam alles ganz anders: „Es handelte sich klar um ein Missverständnis: das Prüforgan dachte, dass die Springprozession nicht auf dem ,inventaire national‘ aufgeführt sei“, erklärt Jean-Pierre Kraemer, Präsident der Luxemburger Unesco-Kommission. Dies war selbstverständlich nicht der Fall, doch durch die buchstäbliche Flut von Anträgen, deren über 115, sei das damalige Prüfgremium regelrecht über- schwemmt gewesen und habe entschlossen zu den Unterlagen keine neuen Elemente zuzulassen: unter diesen Umständen wurde die schnelle schriftliche Richtigstellung der Kulturministerin Octavie Modert nicht berücksichtigt. Kurzerhand entschied das Kultur-ministerium seinen Antrag zurückzuziehen: „Hätten wir ihn dennoch gestellt, und wäre er infolge dieses falsch interpretierten Elements abgelehnt worden, hätten wir weitere fünf Jahre warten müssen, um erneut unsere Kandidatur zu unterbreiten“, führt Jean-Pierre Kraemer weiter aus.

Trotz der Enttäuschung über die erneute Verschiebung der Aufnahme, eine weise Entscheidung, wie der gestrige positive Ausgang in der kenianischen Hauptstadt verdeutlicht. Über letztere können sich nun nicht nur Jean-Pierre Kraemer und Paul Klein, Generalsekretär der Nationalen Kommission, vor Ort in Nairobi, sondern hierzulande neben den Mitgliedern des Willibrordusbauvereins und dessen Präsident Pierre Kauthen, ebenfalls alle Luxemburger freuen.

„Ich bin selbstverständlich sehr glücklich über diese Entscheidung, mit der die jahrelange, gut koordinierte Arbeit und das Engagement aller Beteiligten belohnt wird. Der Wert des einzigartigen, religiösen und kulturellen Erbes der Echternacher Springprozession wird somit gebührend anerkannt: für das Großherzogtum ist die Sichtbarkeit auf der Landkarte des immateriellen Kulturerbes wichtig, da sie uns ein Stück europäische und universelle Kulturgeschichte zuspricht“, kommentierte Kulturministerin Octavie Modert gestern sichtlich zufrieden.

2012 begeht der Echternacher Willibrordusbauverein sein 150-jähriges Bestehen. Die Aufnahme der Springprozession auf die Liste des immateriellen Kulturerbes wird diesem Jubiläum einen ganz besonderen Glanz verleihen. Doch unabhängig davon werden sich am nächsten Pfingstdienstag erneut zahlreiche Pilger in der Abteistadt an den Ufern der Sauer einfinden, um ihren Heiligen zu ehren. (von Vesna Andonovic)