„Abgeholt!“ – Gedenken an die Deportation der Juden

Nach der Besetzung des Großherzogtums durch die Nationalsozialisten begann im September 1940 die systematische Entrechtung, Ausgrenzung und Ausplünderung der Juden in Luxemburg. Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der „Paafemillen“ erbaute Kloster Fünfbrunnen (Cinqfontaines) war von 1941 bis 1943 ein von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) „Jüdisches Altenheim“, das in Wahrheit aber ein kontrolliertes Sammel- und Internierungslager für etwa 360 bis 400 Juden aus Luxemburg war.

Aus dem ganzen Land wurden vor allem Kranke und Alte in das leer stehende Kloster transportiert, um von hier aus in die Ghettos und Vernichtungslager wie Theresienstadt und Auschwitz verschleppt zu werden. Die meisten „Fünfbrunner Juden“ kamen in den Ghettos, Konzentrationslagern und Todesfabriken des nationalsozialistischen Regimes ums Leben. Lediglich 24 von ihnen überlebten die Deportation.

Mit einer ergreifenden Zeremonie erinnerte das „Comité Auschwitz Luxembourg“, wie in den Jahren zuvor jeweils am ersten Sonntag im Juli, auch am Sonntag in Fünfbrunnen bei dem von Lucien Wercollier geschaffenen Monument an die tragischen Geschehnisse vor nunmehr 70 Jahren.

Angeführt von den Fahnenträgern verschiedener Patriotenvereinigungen, bewegte sich der Zug, an dem in diesem Jahr auffallend viele Menschen und Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft teilnahmen, hin zum 1969 errichteten Denkmal, wo Marc Schoentgen die Vertreter des „Comité Auschwitz Luxembourg“, des „Consistoire israélite de Luxembourg“, der „Communauté israélite Esch-Alzette“, der „Pupilles de la nation“ und der Gemeinde Wintger aufrief, bevor diese unter den Klängen der „Sonnerie aux morts“, intoniert von „Clairon“ Edmond Faber, Blumen niederlegten.

Anschließend war es Audrey Moyse, die auf der Violine die „Méditation de Thaïs“ von Jules Massenet vortrug, bevor Vigile Nacache und Nathan Moyse der „Eclaireuses/Eclaireurs israélites de Luxembourg“ verschiedene eindringliche Texte aus Tagebüchern von verschiedenen Zeitzeugen vorlasen.

Michel Heyman, Kantor an der Synagoge Luxemburg, und Pater Friedo Lenz, Rektor des Klosters Fünfbrunnen, lasen ihrerseits verschiedene Psalme vor. Anschließend war es Großrabbiner Alain Nacache, in dessen Ansprache Steine, insbesondere die steinernen Monumente, im Fokus standen. Das jüdische Volk bringe seit 3 000 Jahren die Steine zum Sprechen. Es sei unser aller Pflicht, vor allem den Steinen der Monumente eine Stimme zu geben, damit sie die Generationen, die nach uns kommen, immer daran erinnern, was passiert sei, so der Großrabbiner.



„Erzählt es euren Kindern!“

Nach dem Totengebet wies Mady Moyse-Jacob, Präsidentin des „Comité Auschwitz“, darauf hin, dass eine geteilte Erinnerung unsere Sensibilität beeinflusse und uns sowohl die Hoffnung als auch die Verzweiflung der Vergangenheit alle verbinde.

Eine Schweigeminute für die ermordeten Opfer wurde eingeleitet, während Clairon Edmond Faber das „Shalom Chaverim“ (Leb wohl lieber Freund) vortrug. Mit der „Heemecht“, bei dem auffallend viele Teilnehmer mitsangen, endete der offizielle Teil der Zeremonie.

Anschließend lud die Gemeindeverwaltung Wintger in das angrenzende „Home Léon Dehon“ zum Empfang ein, wo der Wintger Bürgermeister Marcel Thommes in seiner Ansprache u. a. darauf hinwies, dass das Gedenken erhalten bleiben müsse, Gedenken, in das vor allem die Jugend mit eingebunden werden müsse.(ArWa)