Kommentar zum Artikel "Tageseltern erhalten mehr Geld für Kinderbetreuung"

Tageseltern erhalten mehr Geld für Kinderbetreuung (wort.lu)


***Neuigkeiten in der Entwicklung um die notwendige Gleichstellung von Tageseltern mit öffentlichen Betreuungsstrukturen***


Augenscheinlich hat das Bildungsministerium so langsam verstanden, dass Eltern eben doch nicht die freie Wahl haben, was die Art und Weise der Kinderbetreuung angeht.
Ich denke, dieses Zeichen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber genug ist das noch lange nicht!


Denn in der Zeit zwischen 2012 bis heute wurde durch die bisherige Politik auch viel Schaden angerichtet. 2012 war das Jahr, in dem ich als selbständige Tagesmutter anfing zu arbeiten. Da gab es noch ca. 800 Tageseltern in ganz Luxemburg, die bei voller Auslastung jeweils 5 Kinder im Alter zwischen 0 bis 12 Jahren betreuen konnten. Ich spreche hier von ca. 4000 Betreuungsplätzen.


Als das Bildungsministerium dann im Jahr 2016 die Gesetzesreform zur Qualitätssicherung und die Festlegung der Stundenbetreuungspreise durchsetzte, begann für die hiesigen Tageseltern ein Kampf ums Überleben. Nicht allein dadurch verloren viele ihre komplette Kundschaft. Auch durch die Einführung der Gratisbetreuung in Maison Relaisen und Crèchen für 20 Stunden im Rahmen der mehrsprachigen Erziehung führte dazu, dass viele Tageseltern dem wachsenden Konkurrenzdruck durch die staatlichen Betreuungsstrukturen nicht mehr gewachsen waren und ihre komplette Existenzgrundlage verloren. Ich war eine davon und wand mich daraufhin dem Studium der Psychologie zu.


Stand heute haben wir in Luxemburg NUR NOCH und nicht "mehr als" 400 Tageseltern, die ihren Job ausüben können und wollen. Das bedeutet, dass seit der letzten Reform ca. 50% also die Hälfte aller Tageseltern das Handtuch geworfen haben, weil sie nicht mehr genug verdienen konnten!


Schauen wir noch einmal auf die Rechnung, dass Tageseltern jeweils 5 Kinder betreuen könnten, so hat die letzte Gesetzesreform dazu geführt, dass ca. 2000 individuelle Betreuungsplätze für Kinder, verloren gingen!

Ich spreche hier von sensiblen Kindern, die aufgrund ihrer Individualität und ihrem Hintergrund in öffentlichen Strukturen mit teilweise mehr als 200 Kindern und Gruppengrößen von 20-30 Kindern, hoffnungslos überfordert sind. Auch Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, möglichem traumatischen Hintergrund und dadurch resultierenden Problemen in der Emotionsregulation, wurden somit völlig übersehen. Mehr als einmal betreute ich "problematische" Kinder, die keinen Platz in öffentlichen Strukturen bekamen, weil sie nicht der Norm in Bezug auf sozialverträgliches Verhalten entsprachen. Dies sind Dinge, die Tageseltern mit entsprechenden Schulungen wunderbar leisten können, damit solche Kinder aufgefangen werden.


Ich wünsche mir, dass das Bildungsministerium nach diesem Schritt in die richtige Richtung noch mehr darüber nachdenkt, welche Konsequenzen aus den vorherigen Entscheidungen entstanden sind und wie es geschafft werden kann, die Gleichstellung aller Betreuungssysteme zu erreichen und langfristig zu gewährleisten.
Denn letztendlich sind die Leidtragenden solcher politischer Entscheidungen immer die Kinder und deren Eltern.


Stella Falkenberg

psychologische Beraterin

Trauma-Fachberaterin

Trauma-Pädagogin