Mit etwas Verspätung, dennoch pünktlich vor der Rentrée und somit vor dem Beginn der Sportsaison wurde in Petingen das neue nationale Kegelsportzentrum mit angeschlossener kommunaler Tennishalle offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Wie von den anwesenden Verantwortlichen des internationalen Kegelverbands zu hören war, gehört die Anlage zu den schönsten und modernsten weltweit. Auch die Tennishalle für den Petinger Verein erfüllt die internationalen Kriterien und ist im September Schauplatz eines ATP-Challenger-Turniers für Männer.
Sichtlich stolz trat Bürgermeister Pierre Mellina vor das Mikrofon, um den innovativen Bau neben dem „Threeland Hotel“ vorzustellen. Die neue Sportinfrastruktur besteht aus zwei Teilen: einerseits dem nationalen Kegelsportzentrum, wo ab diesem Jahr große Turniere wie Europa- und Weltmeisterschaften gespielt werden, und andererseits die kommunale Tennishalle für den Petinger Verein. Pierre Mellina erinnerte daran, dass der Staat etwa 4,1 Millionen Euro der Gesamtkosten in Höhe von 9,2 Millionen Euro trägt. Das Kegelsportzentrum wird zu 70 Prozent –, die Tennishalle zu 20 Prozent bezuschusst. Das Gebäude nach den Plänen des Architektenbüros Alleva ist in innovativer Leichtbauweise entstanden und besticht durch die gebogene Bedachung aus Aluminium. Das Haupt-Bauelement ist Holz, die Fassade ist mit Polykarbon-Platten verkleidet.
Im Innern sind im vorderen Teil zwölf Kegelsportbahnen und im hinteren Teil drei Tennisfelder, beides mit Tribünen, Umkleiden und technischen Lokalen eingerichtet. Im Erdgeschoss befindet sich ein Café, dessen Betreiber der Kegelsportverband ist.
Standort für WMs und EMs
Zur offiziellen Einweihung waren neben Sportminister Romain Schneider, Aly Jaerling als Präsident der „Fédération luxembourgeoise des quilleurs“ (FLQ) und Yves Kemp als Vorsitzender des Tennisverbands auch die Bürgermeister der Nachbargemeinden – Georges Engel (Sassenheim), Michel Wolter (Käerjeng) und Ady Hahn (Dippach) – sowie Schöffe Roberto Traversini (Differdingen) gekommen. Auch eine Delegation des internationalen Kegelverbands schaute sich die neue Infrastruktur im Hinblick auf die Ausrichtung der Senioren-Weltmeisterschaft 2013 an. Bereits in diesem Jahr werden in Petingen die WM der U 18 und U 24 ausgetragen.
Pierre Mellina, in Begleitung seines Schöffenrats und Vertretern des Gemeinderats, erinnerte daran, dass der Bau des Komplexes auf eine Initiative des damaligen Sportschöffen Romain Rosenfeld aus dem Jahr 2005 zurückgeht. Im November 2007 gab der Gemeinderat einstimmig Grünes Licht für das Projekt, das anfangs mit 7,3 Millionen Euro veranschlagt war. Die Arbeiten begannen im Juni 2009; im Dezember 2011 musste der Gemeinderat 1,9 Millionen Euro nachstimmen, da die Dachkonstruktion wesentlich teurer wurde als anfangs berechnet. Besonders freute es den Gemeindevorsitzenden, dass die FLQ auch ihren offiziellen Sitz nach Petingen verlegen wird.
Dass gerade die Gemeinde Petingen von je her eng mit dem Kegelsport verbunden ist, hob auch Verbandspräsident Aly Jaerling hervor. Der Traum, eine Kegelsport-Föderation zu gründen, sei ebenso in der Gemeinde Petingen entstanden, wie dass die erste elektrische Kegelbahn des Landes in dieser Gemeinde eröffnet worden sei.
„Kegeln ist aber nicht nur ein Kompetitionssport, sondern auch ein ur-luxemburgisches Kulturgut, das wir uns bemühen, zu erhalten“, so Jaerling, der aber gleichzeitig bedauert, dass Kegelsportler hierzulande nicht die Anerkennung finden, die sie seiner Meinung nach für ihre herausragenden Leistungen verdienen. „Wer glaubt, dass unser Sport seinem Namen nicht gerecht wird, den lade ich ein, einmal bei einem großen Turnier vorbeizuschauen und sich selbst ein Bild davon zu machen, was unsere Athleten leisten“, so der Redner. Jaerling zählt die vielen Europa- und Weltmeisterschaftstitel auf, die Luxemburger Kegelsportler in den vergangenen Jahren einheimsten – allen voran den dreimaligen Weltmeister Steve Blasen aus der Gemeinde Petingen – und ärgerte sich, dass diese Erfolge weder in der Presse noch bei den Sportanhängern den Niederschlag fänden, der ihnen zustehe.
Das soll sich mit dem neuen Zentrum ändern. Es erlaube eine andere, eine bessere, Vermarktung nach außen und werde sicherlich auch zu einer weiteren Niveausteigerung des Luxemburger Kegelsports beitragen. Acht Schere-Bahnen und vier Klassik-Bahnen stehen dafür zur Verfügung
ATP-Challenger im September
Ein Tag der Freude war die Einweihung auch für Gianni Baldinucci, den Vorsitzenden des Petinger Tennisvereins. Dank der neuen Halle verfüge der Verein nun über optimale Trainingsbedingungen, sowohl draußen (Anlage an der Rue de Linger), wie auch drinnen. Seit der Schließung der „The Winners“-Halle vor gut vier Jahren, waren die Spieler des Vereins in der Wintersaison gezwungen, nach Niederkerschen, Kockelscheuer oder Esch auszuweichen, um ihren Sport praktizieren zu können. Der 250 Mitglieder zählende Club verfügt nun über drei Spielfelder mit Tribünen und Ausschank, die die internationalen Normen für Daviscup-Begegnungen, sowie ITF- und ATP-Turniere erfüllen. Vom 8. bis 16. September wird das mit 75 000 Dollar dotierte ATP-Challenger „Roller Open“ für Männer erstmals in der Halle stattfinden. Bei dieser Gelegenheit wird sich auch Gilles Muller dem Luxemburger Publikum präsentieren.
Wirtschaftlicher Impakt
Sportminister Romain Schneider griff den Vorwurf von Aly Jaerling auf, dass der Staat Infrastrukturen für sogenannte Randsportarten oft vernachlässige, indem er darauf hinwies, dass in den vergangenen Monaten nicht weniger als vier nationale Stätten für „kleine Sportarten“ eingeweiht wurden: die Motocross-Piste in Goesdorf, die „Base nautique“ in Lultzhausen, das Boulodrome in Beles und schließlich das Kegelsportzentrum. Das zeige, dass Prioritäten in den Fünf-Jahres-Plänen der Regierung gesetzt würden. Der Minister hob neben dem sportlichen Aspekt aber auch den wirtschaftlichen Impakt hervor, den eine solche nationale Sportinfrastruktur für eine Gemeinde darstelle. Die Organisation großer Events gehe stets mit viel Besucherandrang einher, was auch die lokale Wirtschaft belebe.
Nachdem Diakon Christian Sercey Gottes Segen auf das neue Gebäude herabgerufen hatte, eröffneten Minister, Bürgermeister und FLQ-Präsident das Zentrum mit einem kleinen Schlagabtausch auf der Kegelbahn, den der frühere Leistungssportler Pierre Mellina eindeutig für sich entschied. (Text: Nathalie Rovatti / Fotos. Serge Waldbillig)