Auch 70 Jahre nach dem Generalstreik ist die Erinnerung an jene tapferen Männer lebendig, die durch ihre Weigerung, sich dem deutschen Besatzer zu unterwerfen, zu stillen Helden der Luxemburger Geschichte wurden.
Am 31. August 1942 hielt das Land den Atem an, als das Großherzogtum Nazi-Deutschland den Gehorsam verweigerte und mit dem Generalstreik die größte bekannte Aktion der Luxemburger Resistenz ihren Lauf nahm.
Am 31. August diesen Jahres wurde in Schifflingen und Esch/Alzette demütig und voller Anerkennung derer gedacht, die an jenen August- und Septembertagen ihre unerschütterliche Vaterlandsliebe und die Freiheit über das eigene Leben stellten.
Über Wiltz nach Schifflingen und von dort durch den ganzen Süden weitete sich damals vor sieben Jahrzehnten die Protestwelle gegen den Besatzer aus. Am 30. August 1942 verkündete Gauleiter Gustav Simon die Wehrpflicht für die jungen Luxemburger der Jahrgänge 1920 bis 1924. Als Reaktion kam es einen Tag später zu einem Generalstreik im ganzen Land. Eines der Hauptzentren des Aufbäumens gegen die deutschen Besatzer war Schifflingen.
Kurz nach 18 Uhr ertönte die Werkssirene und der Aufruf an die Beschäftigten, die Arbeit niederzulegen. Ausgelöst wurde das Signal von Hans Adam, der später festgenommen und von den Nazis ohne Gerichtsverfahren in Köln bestialisch hingerichtet wurde. Das gleiche Schicksal ereilte auch Eugène Biren.
Der Preis, den Luxemburg für seinen aufsehenerregenden Protest gegen die Einführung der Wehrpflicht zahlen musste, war hoch. 20 Todesurteile gegen die vermeintlichen Rädelsführer des Streiks sprach das von den Nationalsozialisten eingesetzte Standgericht in den ersten September-tagen aus; es folgte ein weiteres Todesurteil durch ein Sondergericht. Insgesamt blieben 125 Personen, die im Zuge des Streiks festgenommen worden waren, in Haft, und mehrere hundert Schüler und Schülerinnen mussten in Erziehungs- und Straflager.
Vor dem Rathaus auf dem Freiheitsplatz in Schifflingen hatten sich gestern bei strömendem Regen Vertreter des Schöffen- und Gemeinderates, zusammen mit den Widerstands- und Kriegsopferorganisationen zu einer Gedenkfeier versammelt. Blumengebinde wurden niedergelegt vom Schöffenrat, den Gewerkschaften LCGB, OGBL und NGL sowie vom lokalen „Syndicat d'initiative“ und den Schifflinger Sektionen von LPPD und Zwangsrekrutierten.
Schöffe Carlo Feiereisen bedauerte zutiefst die Entscheidung der „Administration des services des secours“, die in diesem Jahr nicht die Genehmigung erteilt hatte, die symbolträchtige Sirene aufheulen zu lassen, die vor 70 Jahren das Zeichen des Widerstands war. Er zeichnete in seiner Ansprache die Geschehnisse des für Schifflingen geschichtsträchtigen und traurigen Tages nach und mahnte die Verantwortung der jungen Generation an, die schlimmen Ereignisse niemals in Vergessenheit geraten zu lassen.
Alle Form von Gewalt und deren Verherrlichung müsse abgelehnt werden. Gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit müsse sich immer gewehrt werden.
Auch fand am Freitagabend eine Erinnerungsfeier für die Opfer beim Denkmal am Werkseingang von ArcelorMittal Schifflingen in Lallingen statt. Dort wurden Blumen von der Delegation, den Gewerkschaften LCGB, OGBL und NGL, den Zwangsrekrutierten und der LPPD niedergelegt.
Und auch vor dem Totenmahnmal auf der Place de la Résistance in Esch/Alzette legten Gewerkschafts- und Gemeindevertreter zum Gedenken Blumengebinde nieder.
VON NADJA RAFALSKI (Foto: Lucien Wolff, Claude Piscitelli,Eric Brausch )