Warum nicht Ingenieur werden?

Einem Hilferuf nach größerem Verständnis in der breiten Öffentlichkeit, aber auch nach mehr Nachwuchs für den Ingenieursberuf im weitesten Sinne kam das
Rundtischgespräch gleich, das der „Ordre des architectes et ingénieurs-conseils“ (OAI) am Mittwochabend im neu eröffneten „Forum da Vinci“ in der Hauptstadt organisiert hatte.

Mit dieser öffentlichen Veranstaltung, die unter dem Motto „Il y a du Génie dans votre quartier“ stand, sollte erklärtermaßen die breite Öffentlichkeit für das Ingenieurwesen mit seinen verschiedenen Facetten und für den Mehrwert sensibilisiert werden, den dieser Beruf nachhaltig und qualitativ für unseren Lebensraum bringt. Zugleich mit der Frage über den Stellenwert des Ingenieur-Beraters in der Gesellschaft kreiste die Diskussion um den Mangel an qualifiziertem Nachwuchs und eine unzulängliche Sichtbarkeit und Anerkennung dieses Berufs.

In seiner Begrüßungsansprache kündigte Andrea De Cillia, Präsident der OAI-Sektion für Ingenieur-Berater, an, dass es um den Startschuss zu einer umfassenden Kampagne im Interesse eines Berufs geht, für den ein Arbeitsmarkt besteht. Dementsprechend sollte und müsste sowohl in den eigenen Reihen als auch im Kontakt mit der Schule, der Universität und den Elternvereinigungen sensibilisiert und mobilisiert werden.

Vorstellungen und Plädoyers

Zuerst wurden die verschiedenen Berufszweige des Ingenieur-Beraters vorgestellt. Für Tanja Lahoda, Vorstandsmitglied der OAI-Ingenieursektion, ist der Ingenieur ein interessanter Beruf, der gleichermaßen Vorstellungskraft, Gewandheit und Mut zur Umsetzung eines Projekts verlangt. Eine Darstellung ihres jeweiligen Arbeitsfelds gaben dann Marc Feider (Infrastrukturen), Jacques Weyland (technische Gebäudeausrichtung), Chantal Zeyen (Stadt- und Regionalplanung), Maja Devetak (Landschaftsgestaltung) und Robert Wilmes (Umwelt).

OAI-Direktor Pierre Hurt wies in diesem Zusammenhang auf das neu geschaffene jugendspezifische Internet-Portal hin: www.unplanpourtonavenir.lu.

Vertieft wurde die Diskussion bei einem Rundtischgespräch über den Ingenieur als Schlüsselakteur unseres Lebensrahmens.

Mittelstands- und Chancengleichheitsministerin Françoise Hetto-Gaasch sprach vom Ingenieur als Profi, der zugleich Vertrauensperson und Vermittler ist. OAI-Präsident Bob Strotz unterstrich das weit gefächerte Arbeitsfeld der Ingenieure. Aus der Sicht von Germain Dondelinger, Regierungsrat im Hochschul- und Forschungsministerium, beruht der Mangel an Interessenten für den Beruf des Ingenieurs, der eine zivilisatorische Aufgabe wahrzunehmen hat, zu einem guten Teil auf dem Umstand, dass wir in einer technikfeindlichen Welt leben.

Früher sensibilisieren

Paul Heuschling, Dekan der Fakultät für Wissenschaften, Technologie und Kommunikation an der Uni Luxemburg, gab zu bedenken, dass es auch Berufsmöglichkeiten in den Ingenieurbüros gibt, wo nicht gleich Mitarbeiter der obersten Stufe benötigt werden. Claude Christnach, Direktor des „Lycée Josy Barthel“ in Mamer, plädierte für verstärkte Hinweise auf den Ingenieursberuf und dessen optimistische Darstellung. Auch für Pit Demuth, Vizepräsident der „Association nationale des étudiants ingénieurs luxembourgeois“, gilt es, die Arbeit des Ingenieurs in der öffentlichen Darstellung besser zu vermitteln.

Aus der Diskussionsrunde seien noch folgende Feststellungen herausgegriffen: Es muss früher für eine Weichenstellung hin zum Ingenieursberuf gesorgt werden; beim Lehrpersonal mangelt es in erschreckendem Maße an Sensibilisierung für das Berufsbild des Ingenieurs, ein Umstand, der bei der laufenden großen Schulreform zu berücksichtigen ist; die Ingenieure selbst müssen mehr Begeisterung für ihren Beruf zeigen.

In seinen Schlussfolgerungen brach Gaston Flesch, Ehrenpräsident der OAI-Ingenieurvereinigung, eine Lanze für eine verbesserte Darstellung des Ingenieurberufs in der Öffentlichkeit. Diesbezüglich bedauerte er, dass in der Informationsbroschüre der zuständigen Dienststelle des Unterrichtsministeriums für Studenten der Beruf des Ingenieur-Beraters erst gar nicht aufgeführt wird.
(VON JOSEPH LORENT)