Große Überraschung am 19. November in Belval: Eigentlich hatten das Bautenministerium und der staatliche „Fonds Belval“ zum Spatenstich für die „Maison des Sciences humaines“ und zur Einweihung des Dokumentationszentrums der „Cité des sciences“ eingeladen. Wie das sprichwörtliche weiße Kaninchen aus dem Zauberhut präsentierten Minister Claude Wiseler und „Fonds Belval“-Präsident Germain Dondelinger bei dieser Gelegenheit eine neue interaktive Langzeitausstellung in der Schwarze-Masse-Halle der Hochofenanlage, wo dokumentiert wird, was sich in den vergangenen Jahren in Belval getan hat und wie die ehemaligen Brachen 2020 aussehen sollen.
Der Coup ist gelungen. Die neue interaktive Ausstellung in der – eigentlich dem Abriss geweihten – „Halle de la masse noire“ am Fuß von Hochofen A, direkt gegenüber der Rockhalle, zeigt Belval so, wie man es sich in der Zukunft irgendwann vorstellt.
Überdimensionale Fotos und interaktive Informationssäulen mit Touchscreens, an denen die Besucher in mehreren Sprachen Bilder und Informationen zu den verschiedenen Projekten, wie beispielsweise den Universitätsgebäuden, den Forschungszentren, den restaurierten Hochöfen, den „Start up“-Unternehmen sowie den staatlichen Verwaltungsgebäuden oder den Einkaufs- und Wohnkomplexen abrufen können, stehen in verschiedenen Farben angeleuchtet in der abgedunkelten alten Werkshalle. Prunkstück ist ein metergroßes Modell im Glashaus des Escher Teils von Belval mit allen wichtigen Bauten und Gebäuden, die sich mit diversen Lichteffekten anstrahlen lassen. Dem Betrachter wird gezeigt, wie sich das Areal im Jahr 2020 präsentieren will und dieser schlussfolgert, ähnlich wie die Gäste bei der gestrigen Eröffnung, dass noch viel Arbeit vor den Belval-Machern liegt, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Der „Fonds Belval“, der für die Umsetzung der staatlichen Vorhaben auf dem einstigen Industriegelände zuständig ist und in den vergangenen Monaten immer wieder wegen des nur schleppenden Fortgangs der Bauprojekte auf den ehemaligen Brachen in der Kritik stand, wurde gestern von Ressortminister Claude Wiseler in die Pflicht genommen. „Es ist der feste Wille der Regierung, die staatlichen Unternehmungen in Belval schnellstmöglich fertigzustellen. Die Universität wird 2014 ihre Türen öffnen“, so Wiseler. Bereits im September 2009 war der Spatenstich für das turmhohe Hauptgebäude, die „Maison du Savoir“. Die Baustelle wurde in der Zwischenzeit vom „Fonds Belval“ mit einem Bretterzaun komplett abgedichtet, ist von außen nicht mehr einsehbar. Gestern nun war der offizielle Baubeginn für die „Maison des Sciences humaines“, die 2014 fertiggestellt sein soll. Sie wird die Fakultäten für Literatur, Geisteswissenschaften, Kunst, Erziehungswissenschaften und das „Centre d'études de population, de pauvreté et de politques socio-économiques“ (Ceps/Instead) beherbergen. In dem Gebäude werden 850 Arbeitsplätze eingerichtet. Eine Bücherei und ein öffentliches Bistro werden das Angebot komplettieren. Die Kosten belaufen sich auf 67,4 Millionen Euro.
Minister Claude Wiseler nutzte die Gelegenheit, um noch einmal zu bekräftigen, dass die Regierung an ihrem Engagement festhält, Belval, neben dem Kirchberg, dem „Ban de Gasperich“ und der „Nordstad“ zu einem der vier Entwicklungsstandorte für die Zukunft des Landes zu machen. „Hei gouf fréier de Goss gemat, am Moment kascht et Goss, mee mir hoffen, datt et och erëm Goss bréngt“, so Claude Wiseler. Insgesamt eine Milliarde Euro investiert der Staat bekanntlich in Belval. „Das hier ist eines der Areale, wo die wirtschaftliche Zukunft des Landes liegt“. Für die Regierung sei es auch im Zuge der Wirtschaftskrise kein Thema gewesen, ihr Engagement in Belval zu überdenken, so Wiseler. Er wies aber auch darauf hin, dass ein Jahrhundertvorhaben wie Belval nun einmal seine Zeit brauche, um fertiggestellt zu werden. „Ein Projekt von diesem Ausmaß wirft natürlich Fragen auf und zieht auch Negativschlagzeilen nach sich. Die Leute wollen sehen und verstehen, was sich entwickelt und was sich tut. Verweigert man Antworten, erntet man Kritik“, meinte der Minister. Das sei Grund gewesen, die neue Ausstellung in der Schwarze-Masse-Halle zu konzipieren. Um Antworten auf die Fragen zu geben, was sich in Belval tut, und um den Leuten das Gesamtkonzept darzulegen.
Der „Fonds Belval“ hat die Ausstellung unter der Bezeichnung „Centre de documentation de la Cité des Sciences“, zusammen mit den Investoren und zukünftigen Nutzern der Belval-Gebäude ins Leben gerufen.
Die Escher Bürgermeisterin Lydia Mutsch wies gestern darauf hin, dass die Vorfreude auf den Einzug der Universität sich immer deutlicher in der Region bemerkbar mache. Angesichts der vielen Negativschlagzeilen, die Belval zuletzt produziert hat, bot sie der zuständigen Entwicklungsgesellschaft agora und dem „Fonds Belval“ eine engere Zusammenarbeit mit den Standortgemeinden Esch und Sassenheim an, was die Bürgerinformation und die Kommunikation als solche angeht.
(VON NATHALIE ROVATTI - FOTOS:GERRY HUBERTY)