Achtung Kulturkritik!
Von
Chantal Lorang
„Aber die Pointe selbst, ihre Zuspitzung,
ihre refrainhafte, leitmotivische
Wiederholung ist nicht das Wesentliche.
Das Wesentliche ist der ethische Wille, der dahinter steckt.“
Herbert Ihering
Prall gefüllt ist der Medienmarkt.
Mit Ironie, Persiflage, Provokation.
Anstand, (Schein)Moral, Religion, Sexualität, (Möchtegern)Künstler, (Pseudo)Intellektuelle, (Star)Politiker … vor den Blödelattacken selbsternannter „Kulturexperten“ ist nichts und niemand sicher.
Dass sich dabei manch einer im Ton vergreift, scheint das Publikum umso mehr zu lieben. Die Würde des Menschen ist antastbar. Sie zu verletzen rohes Vergnügen? Jedenfalls lästern viele Schaumschläger ziemlich hemmungslos aus den Untiefen medialer Seichtgebiete.
Alles soll lachen und krachen.
Zum Schreien komisch, zum Brüllen irre sein.
Warum eigentlich?
Erlaubt uns die Häme, einer disharmonisch erlebten Wirklichkeit wenigstens für einen flüchtigen Augenblick zu entrinnen?
Ist die Ironie wirklich ein Allheilmittel gegen Neurosen, Zwänge und Konservatismen?
Wird sie uns letzten Endes nicht wie ein Bumerang erschlagen?
Schwierige Fragen, komplizierte gesellschaftliche Zusammenhänge, denen mit substanzloser Unterhaltung nicht beizukommen ist. Nein, auf Dauer müssen ernste
Antworten her!
Deshalb sollte zumindest einer seinen Job ernst nehmen: der Kulturkritiker.
Wenn er sich der kulturellen Verarmung nicht widersetzt, wer dann?
Wenn die Kultur an sich schon auf dem Altar der Ironie geschlachtet wird und einem schamlosen Gejohle zum Opfer fällt, sollte wenigstens er den Mut aufbringen, Verantwortung für die Massenware „Mensch“ zu übernehmen.
Selbstlosigkeit ist die Grundvoraussetzung seiner Aufklärungsmission.
Der Kulturkritiker darf nicht zum Mittelpunkt seiner eigenen Wortakrobatik mutieren, dem mehr an egozentrischer Selbstinszenierung als an Inhalten liegt.
Sicher sind Sprachtalent, geistreicher Witz und ausgefeilte Ironie erlaubt, Bürokratenjargon und monotone Schachtelsätze für jeden Leser eine Zumutung. Dem Aphorismus verwandt soll der kulturkritische Essay pointiert unterhalten!
Sich jedoch an der eigenen aufgeblähten Sprache zu berauschen, ohne wesentlich zu kommentieren, zu bewerten und zu vertiefen, hat mit dem Ethos, der Deontologie des Kulturkritikers wenig zu tun.
Schließlich ist er eine wegweisende Instanz!
Verbale Gewalt ist hier fehl am Platz.
Dessen scheinen sich viele Sprachnarzissten nicht bewusst zu sein, wenn sie sich unter dem Deckmantel der Kulturkritik einen Spass daraus machen, den Adressaten zu verprellen und zu demütigen. Wo bleibt der Wunsch zu bilden, wo die Bereitschaft, längst fällige Antworten auf - vor lauter Verunsicherung nicht gestellte - Fragen zu geben? Wenig hilfreich sind in diesem Kontext revanchistische und aufgemotzte Schlag-Wörter!
Kulturkritik heute: Ein Mittel, den Zweck zu entheiligen?
Zu enthumanisieren?
Das kollektive Denken, Meinen und Fühlen von Nationen hängt von der Füllung des Medienmarktes ab. Deshalb sollten gerade Kritiker die fragwürdige Ironisierung und Vereinfachung des Kultur- und Weltgeschehens überdenken, Inhalte wieder verantwortungsvoller, objektiver und tiefgründiger analysieren - statt eine anarchische und hohle “just for fun”- Mentalität zu schüren.
Die unsere Nachkommen noch mehr verroht?
lorang.chantal@education.lu
Von
Chantal Lorang
„Aber die Pointe selbst, ihre Zuspitzung,
ihre refrainhafte, leitmotivische
Wiederholung ist nicht das Wesentliche.
Das Wesentliche ist der ethische Wille, der dahinter steckt.“
Herbert Ihering
Prall gefüllt ist der Medienmarkt.
Mit Ironie, Persiflage, Provokation.
Anstand, (Schein)Moral, Religion, Sexualität, (Möchtegern)Künstler, (Pseudo)Intellektuelle, (Star)Politiker … vor den Blödelattacken selbsternannter „Kulturexperten“ ist nichts und niemand sicher.
Dass sich dabei manch einer im Ton vergreift, scheint das Publikum umso mehr zu lieben. Die Würde des Menschen ist antastbar. Sie zu verletzen rohes Vergnügen? Jedenfalls lästern viele Schaumschläger ziemlich hemmungslos aus den Untiefen medialer Seichtgebiete.
Alles soll lachen und krachen.
Zum Schreien komisch, zum Brüllen irre sein.
Warum eigentlich?
Erlaubt uns die Häme, einer disharmonisch erlebten Wirklichkeit wenigstens für einen flüchtigen Augenblick zu entrinnen?
Ist die Ironie wirklich ein Allheilmittel gegen Neurosen, Zwänge und Konservatismen?
Wird sie uns letzten Endes nicht wie ein Bumerang erschlagen?
Schwierige Fragen, komplizierte gesellschaftliche Zusammenhänge, denen mit substanzloser Unterhaltung nicht beizukommen ist. Nein, auf Dauer müssen ernste
Antworten her!
Deshalb sollte zumindest einer seinen Job ernst nehmen: der Kulturkritiker.
Wenn er sich der kulturellen Verarmung nicht widersetzt, wer dann?
Wenn die Kultur an sich schon auf dem Altar der Ironie geschlachtet wird und einem schamlosen Gejohle zum Opfer fällt, sollte wenigstens er den Mut aufbringen, Verantwortung für die Massenware „Mensch“ zu übernehmen.
Selbstlosigkeit ist die Grundvoraussetzung seiner Aufklärungsmission.
Der Kulturkritiker darf nicht zum Mittelpunkt seiner eigenen Wortakrobatik mutieren, dem mehr an egozentrischer Selbstinszenierung als an Inhalten liegt.
Sicher sind Sprachtalent, geistreicher Witz und ausgefeilte Ironie erlaubt, Bürokratenjargon und monotone Schachtelsätze für jeden Leser eine Zumutung. Dem Aphorismus verwandt soll der kulturkritische Essay pointiert unterhalten!
Sich jedoch an der eigenen aufgeblähten Sprache zu berauschen, ohne wesentlich zu kommentieren, zu bewerten und zu vertiefen, hat mit dem Ethos, der Deontologie des Kulturkritikers wenig zu tun.
Schließlich ist er eine wegweisende Instanz!
Verbale Gewalt ist hier fehl am Platz.
Dessen scheinen sich viele Sprachnarzissten nicht bewusst zu sein, wenn sie sich unter dem Deckmantel der Kulturkritik einen Spass daraus machen, den Adressaten zu verprellen und zu demütigen. Wo bleibt der Wunsch zu bilden, wo die Bereitschaft, längst fällige Antworten auf - vor lauter Verunsicherung nicht gestellte - Fragen zu geben? Wenig hilfreich sind in diesem Kontext revanchistische und aufgemotzte Schlag-Wörter!
Kulturkritik heute: Ein Mittel, den Zweck zu entheiligen?
Zu enthumanisieren?
Das kollektive Denken, Meinen und Fühlen von Nationen hängt von der Füllung des Medienmarktes ab. Deshalb sollten gerade Kritiker die fragwürdige Ironisierung und Vereinfachung des Kultur- und Weltgeschehens überdenken, Inhalte wieder verantwortungsvoller, objektiver und tiefgründiger analysieren - statt eine anarchische und hohle “just for fun”- Mentalität zu schüren.
Die unsere Nachkommen noch mehr verroht?
lorang.chantal@education.lu