Unser nationaler Johann wäre sicher nicht mit dem Beinamen ‚der Blinde’ bedacht worden, wenn er sich zeitlebens einer vollen Sehkraft hätte erfreuen können.
Verhängnisvoll wurde es für ihn, als er sich, in der Blüte seines Lebens und auf der Höhe seines Wirkens stehend, bei seinem Litauenfeldzug von 1337 eine gefährliche Augenentzündung zuzog. Da er natürlich als Lebemann um seine Lebensqualität besorgt war, sah er sich gezwungen gleich dreimal eine Augenbehandlung über sich ergehen zu lassen. Daraufhin war er vollends blind.
Zuerst also lässt er einen französischen Augenarzt kommen, der ihn Anfang 1337 in Breslau am rechten Auge behandelt. Aber lindern kann er das Leiden nicht, dasselbe verschlimmert sich bloß. Das von dem behandelnden Medikus aus der Hand seines illustren Patienten erhoffte stattliche Honorar wird dann auch diskussionslos gestrichen. Statt zur Kasse, muss der Medikus zum Richter, von diesem wird er abgerichtet, dann in einen Sack genäht und in die Oder geworfen, wo er ertrinkt.
Wegen der verschlechterten Sehkraft und der anhaltenden Schmerzen versucht es Johann daraufhin Mitte 1337 mit einem berühmten Augenarzt aus Arabien. Dieser kommt nach Prag und erfährt dann auch prompt wie es dem französischen Kollegen in Breslau ergangen ist. Da er aber wohl auf seine Kunst nicht voll vertraut, lässt er sich einen ‚Sicherheitsbrief für Leib und Leben’ vom Patienten Johann von Böhmen unterzeichnen. Was fatalerweise kommen musste, kam dann auch prompt. Kurz nach der Operation stellt es sich heraus, dass das rechte Auge jetzt vollends erblindet ist. Aber der Arzt bleibt dank seines Sicherheitsbriefes heil. Ob er trotzdem ein Honorar beziehen konnte ist nicht überliefert.
Bei dem, dank seines linken Auges, noch nicht vollständig erblindeten Johann, nimmt die Sehkraft aber so schnell ab, dass er nur noch die Wahl hat zwischen einem unausweichlichen, vollständigen Erblinden und einer erneuten, vielleicht dann doch erfolgreichen ärztlichen Behandlung.
Immer zu Ross unterwegs, nutzt Johann 1340 eine Waffenruhe zwischen Franzosen und Engländern, um Anfang des Jahres im Pferdesattel, seinem mitreisenden Königsthron, mal schnell einen Abstecher nach Montpellier zu machen. Vom berühmten Augenarzt Guy de Chauliac, Dekan der dortigen renommierten medizinischen Fakultät, will er sich behandeln lassen. Aber auch der denkt an das Schicksal seines ertränkten französischen Berufskollegen und überlässt es, zu seiner Absicherung, dem königlichen Patienten selbst zu entscheiden ob der Eingriff, ja oder nein, auf eigenes Risiko vorgenommen werden soll. Soll der heldenhafte Ritter jetzt das Risiko eingehen Gesicht oder Auge verlieren zu müssen? Also entscheidet er sich mit einem lauten und deutlichen ‚ja’ dafür wenigstens sein Gesicht zu wahren. Der dann erfolgende Eingriff, die letzte übrig gebliebene Hoffmann für Johanns Augenlicht, stellt sich nach einigen Tagen als ein totales Fiasko heraus. König Johann von Böhmen ist jetzt endgültig König Johann der Blinde.
So wie es Johann dem Blinden im 14. Jahrhundert infolge chirurgischer Eingriffe durch drei sich selbst überschätzende Ärzte ergangen ist, so Ähnliches ist jetzt im 21. Jahrhundert über das Aspelter Schloss hereingebrochen. Die längst überfälligen Eingriffe zur Wiederinstandsetzung der verwahrlosten Wirtschaftsgebäude des Schlosses werden im Februar 2010 unter der Verantwortung der drei Gemeindeväter des Bürgermeister- und Schöffenkollegiums der Gemeinde Frisingen endlich in Angriff genommen. Was fatalerweise kommen musste, kam dann auch prompt. Für das Dach über den Stallungen verläuft die Erneuerung annehmbar normal, dies nach langer, langer und peinlicher, peinreicher Operation, halt wie so gemeindeüblich. Aber, oh Schreck, totales Fiasko an den beiden Oculi, d.h. Augen. Nun glotzen diese, unnatürlich schielend aus den Wandungen der Stallungen hervor. (Fotos 1-2, Scheunentor im Innenhof; Fotos 3-4, straßenseitiges Oculus in der Wand des Schweinestalls.)
Ein Oculus oder auch Ochsenauge stellt in der Architektur eine ovale bzw. runde Öffnung dar, und ist meist im Mauerwerk von Speichern oder Scheunen bzw. Stallungen zu finden. Also ein landläufiges, gar nicht raffiniertes und einem jedem Bauern familiäres Gebilde, wie es deren noch manche in Aspelt gibt.
Wie kann es also in dem ländlichen Aspelt passieren, dass das Oculus über dem Scheunentor, nach dem Ausbau zwecks Wiederinstandsetzung der hofseitigen Scheunenwand, auf dem Kopf stehend, d.h. mit vertikal orientierter großer Achse des Ovals, wieder eingebaut wird? Unsäglich blöd glotzt dieses Oculus nun von seiner hohen Warte herab, der anklagende Ausdruck in dem um 90 Grad verdrehten Auge ist unverkennbar deutlich.
Dass dem straßenseitigen Oculus ein bereits vorhandenes überdimensionales Gerstenkorn (Wéischësser bzw. hordeolum auf luxemburgisch und lateinisch) nicht wegoperiert wurde als Gerüst und Arbeiter vor Ort waren, ist einfach unverständlich. Ob Unwissenheit oder Schlamperei ist nur schwer einzustufen. Fakt ist, das Auge guckt noch genauso wehmütig wie vorher auf den am Schloss vorbeikommenden Passanten herab, um Hilfe bettelnd. Also muss nochmals extra ein Schönheitschirurge bemüht werden, um das Auge über dem Schweinestall einem Lifting zu unterziehen. Hoffentlich verläuft dann hier die Operation besser als bei der zweiten Intervention auf Johanns rechtem Auge.
Im Gegensatz zu der bei Johann dem Blinden vorgefallenen unwiderruflichen Verstümmelung des Augenwerks, kann bei den Aspelter, über ihre Gemeindeväter dumm staunend dreinschauenden Augen aber noch Remedur geschaffen werden. Das wird zur gemeindeseitigen Vertünchung der beiden sehr bejammernswerten Pannen dann sicher auch prompt geschehen. Mauerer heranschaffen, Gerüste aufrichten, das jeweilige Corpus delicti herausoperieren und neu einsetzen, Baustellen wieder verschwinden lassen. Kleinigkeit. Kostet die Allgemeinheit dann wirklich nur nicht nennenswerte Pea Nuts, wenn man´s hat! Man hat’s! Anscheinend!
Bis jetzt geht in Aspelt noch keine Nachricht um, dass jemand in der Gander, in einen Sack genäht, ertrunken aufgefunden worden ist. Ob den am Aspelter Schloss aktiven Kurpfuschern für ihre stark unterdurchschnittliche ‚Performance, allerdings ein Honorar entrichtet werden soll oder nicht, darüber muss der Entschluss noch fallen. Dies wird Sache der eigentlichen Eigentümer des Patrimoniums sein, am 9. Oktober 2011. An dem Tag ist ja, wie gewusst, Wahltag. Wahltag ist bekanntlich ja auch Zahltag bzw. Abwahltag!
René Neyen.